An was denken Sie, wenn Sie das Wort «Kampfjet» lesen? Vielleicht hallt in Ihren Ohren der unverkennbare Überschallknall der Flieger wieder. Oder Sie denken an Flugshows vor malerischer Bergkulisse. In den fünf Köpfen der PodiumsteilnehmerInnen zeichnen sich verschiedene Bilder ab. Lewin Lempert, Generalsekretär der GSoA (Gruppe für eine Schweiz ohne Armee), nervt sich ab den 5000 Litern Benzin, welche ein Kampfjet in einer Stunde verbraucht. Michelle Renaud, die ehemalige TeleBärn-Moderatorin, jetzt in der BDP, denkt an das Schweizer Volk, das den Schutz des Luftraumes verdient hat. Der Soziologieprofessor Ueli Mäder setzt den Weltfrieden ins Zentrum und die Präsidentin der jungen CVP, Sarah Bünter, den Vorteil in einem sicheren Land zu wohnen.
Dem Publikum ist am Mittwoch, 9. September 2020 beim Politpodium zur Beschaffung neuer Kampfflugzeug schnell klar: Hier geht es um weit mehr als den Kauf einer Kampjetflotte. Es geht um Steuergeld, die Legitimation der Schweizer Armee und das zentrale Gefühl der Sicherheit. Der Abend im Gymnasium Thun am Standort Schadau vor gut 80 Menschen verspricht von Anfang an die Gemüter zu erhitzen – ohne zu enttäuschen!

Mit Armeeoberst Peter Merz fängt das Podium vielversprechend an. Er wird per 1. Juli 2021 das Amt als Luftwaffen-Chef der Schweizer Armee übernehmen. Vorerst muss er sich den kritischen Fragen von Moderatorin Lara Thurnherr stellen. Mit vielen Analogien versucht er den Gästen die Jets schmackhaft zu machen. Wie könne man mit gutem Gewissen Kampfjets kaufen, die von grossen Mächten wie zum Beispiel den USA hergestellt werden würden, will Lara Thurnherr wissen. Peter Merz bringt unsere Waschküchen ins Spiel. «Bei dem Kauf einer Waschmaschine müssen wir auch darauf vertrauen, dass sie keine Fehler aufweist.» Dass man den Typ der Kampfjets nicht kennt, sieht er also nicht als Nachteil, schliesslich «leben in der Schweiz nicht achteinhalb Millionen Flugzeugexperten!» Auch die sechs Milliarden Franken seien trotz der aktuell friedlichen Lage gerechtfertigt. Die Armee sei wie die Feuerwehr, nebst «Feuer löschen» müsse sie auch «Katzen retten». Das heisst: Die Luftwaffe brauche es nicht nur für Kriegssituationen, sondern auch im Alltag – im Luftpolizeidienst.

Das Vertrauen in Viola Amherd und das VBS (Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport) bleibt auch bei der Diskussion zentral. Fehlend auf Seite von Levin Lempert, aber gewichtig für Sarah Bünter. Dass die zuständige Bundesrätin einen guten Job macht und sich erfolgreich für die Jets einsetzt, muss auch die Gegenseite eingestehen. Von einer harmonischen Stimmung kann man abgesehen von dieser Einigkeit nicht sprechen.

Zündeln und provozieren
Besonders Michelle Renaud kommt aus dem Diskutieren nicht mehr raus, wedelt mit Grafiken und «zündet» die GSoA an. Kevin Lempert provoziere, also mache sie das auch, lautet ihre Begründung. Es sei klar, dass die Schweizer Bevölkerung das Militär nicht abschaffen möchte, das habe sich schon oft gezeigt.

Fetzten fliegen und Freude herrscht bei Moderator Elias Rüegsegger als sich gegen Ende ein wahrhaftiges Generationen-«battle» ergibt. Die junge CVPlerin gegen den alten Soziologie-Professor. Es geht um den Frieden auf der Welt, welche sich beide wünschen. Professor Mäder ist sich aber sicher: Mit Aufrüstung entfernen wir uns mehr vom Ziel, als dass wir uns dem Frieden nähern. Die Kampfjets sind in seinen Augen kontraproduktiv. Das sieht Sarah Bünter anders. Für sie ist der Gedanke an Weltfrieden ideologisch, nicht realistisch. Eine sichere Luftflotte sei zentral bei den über 800 Friedensverhandlungen, die bei der UNO in Genf stattfinden.
…und dann kehrt Ruhe ein
Die 90 Minuten vergehen wie im Flug. Das Schlussexperiment zeigt: Die Fronten sind und bleiben verhärtet. Moderator Elias Rüegsegger fordert seine Gäste gegen Schluss auf, ein Argument der Gegenseite zu nennen, welches sie nachvollziehen können. Zum ersten Mal kehrt auf der Bühne Ruhe ein. Sogar Michelle Renaud blieb die Sprache weg. Ihr falle hierzu nichts ein. Dem Soziologen und Friedensforscher Ueli Mäder ist hingegen klar, dass sich die Menschen um ihren Schutz sorgen. Sarah Bünter möchte wie er auch, dass es keine Kampfjets braucht und Frieden herrscht, und Lewin Lempert räumt ein, dass im militärischen Ernstfall etwas getan werden muss. Noch kann er kurz darauf hinweisen, dass die 30 bis 40 Kampfjets für den Ernstfall untauglich wären, da fällt ihm der Moderator ins Wort. Die Diskussion ist beendet, könnte aber noch Stunden weitergehen, mit den immer selben Voten.

Bild: Miriam Weber
Mit Lebkuchen und UND-Magazin in der Hand, verlassen die fünf Gäste das Podium. Was für ein Abend!



Sarah Büter ist Präsidentin der jungen CVP. – Bild: Miriam Weber
UND Generationentandem lanciert vor den eidgenössischen Abstimmungen insgesamt drei Politpodien zur Begrenzungsinitiative (2.9.), zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge (9.9) und zum Jagdgesetz (16.9.). Die Podien finden live mit Corona-Schutzkonzept und digital via Livestream statt – dies auf Facebook.
