Wenn sich die Geister schon an einem Stück Butter scheiden, ist die Beziehung zwischen den Generationen wohl nicht im besten Zustand. Kontakt und Verständnis können helfen, um sich ein bisschen näher zu kommen.
Normalerweise begegne ich älteren Menschen höchstens flüchtig, aus der Ferne. Ein freundliches Lächeln, vielleicht ein «Grüessech», das ist alles an Kontakt mit der älteren Generation, den ich normalerweise erlebe. Die Ausnahmen sind die Besuche bei den Grosseltern und die Zusammenarbeit beim UND. Diese Kontakte sind alles, was mir zur Verfügung steht, um mir ein Bild über die «Alten» zu machen. Es ist nicht verwunderlich, dass viele junge Menschen ein unvollständiges Bild über die Generation ihrer Grosseltern haben und sich an Vorurteilen und Klischees bedienen, um die Löcher zu stopfen. Aber seien wir ehrlich – ist es denn umgekehrt nicht genau so? Wenn die Jungen die Alten kaum kennen, weil der Kontakt schlicht und einfach fehlt, wie sollen denn die Alten über die Jungen Bescheid wissen?
Ein anstössiges bisschen Butter
Das Wundermittel, um die fehlerhaften Bilder zu berichtigen, ist der Kontakt. Ein Austausch, der Augen öffnen und Dämme brechen kann. Aber leider geht häufig was schief. Kommen die beiden Generationen in Kontakt, scheitert der Austausch am gegenseitigen Unverständnis. Oft wird gesagt, Jung und Alt lebten in zwei unterschiedlichen Welten. Ein Beispiel: Wenn ein Senior, dessen Kindheit von Rationierungsmarken und Verdunkelungs-Aktionen geprägt war, einem Teenager zusieht, wie er ein gefühltes halbes Pfund Butter auf sein Gipfeli schmiert, so ist es wenig verwunderlich, dass ihn das vor den Kopf stösst. Der Teenager wiederum versteht die Welt nicht mehr, wenn der Alte ihn daraufhin zurechtweist. Was ist denn falsch an dem bisschen Butter? Und niemand möchte ihm übelnehmen, dass er nicht während eines Krieges aufwachsen muss. Anschliessend gehen beide wieder ihre Wege, der eine mit dem Gedanken «Es isch äbe nümm wie früecher» und der andere hält den einen für einen bünzligen Nörgler.
Aber ein Austausch war das ja nicht. Stellen Sie sich vor, der Alte hätte, nachdem der Teenager ihn schräg angeschaut hat, erklärt, warum er das für Butterverschwendung hält. Der Junge hätte vermutlich zuerst einmal leer geschluckt und künftig vielleicht weniger Butter aufs Brot geschmiert. Der Senior wiederum wäre zur Erkenntnis gekommen, dass dies kein gieriger, ignoranter Bursche sei, sondern jemand, der nicht wissen kann, wie es ist, mit wenig auszukommen.
Das Sitzplatz-Problem
Viele Menschen haben Mühe mit dem Älterwerden, weil sie merken, wie ihre Fähigkeiten langsam abnehmen. Manche sind körperlich nicht mehr in der Lage, das ganze Haus alleine zu putzen, viele hören schlechter, werden vergesslich. Zuerst versucht man, sich an die verbliebenen Fähigkeiten zu klammern, bis zu dem Punkt, an dem man einsieht, dass es nicht mehr so weiter geht.
In dieser Situation kann sich jemand nun selber Hilfe holen – oder er kann sie stillschweigend erwarten. Die erste Variante stösst auf Hilfsbereitschaft und funktionierende Lösungen, während die zweite ungeahntes Konfliktpotenzial birgt. Schon kleine «Selbstverständlichkeiten», wie den Sitz im Bus frei zu machen, können zu Schwierigkeiten führen. Manche fühlen sich beleidig, wenn man ihnen Hilfe anbietet, andere sind es, wenn man es nicht tut. Diese Situation ist auch für hilfsbereite Menschen nicht einfach. Komplizierter wird es bei weitergreifenden Hilfen. Oftmals habe ich den Eindruck, dass ältere Menschen nicht verstehen, dass auch ihre Söhne, Nichten und Enkel nicht «riechen» können, wie sie ihnen helfen sollen, wenn sie nichts dergleichen sagen. Die Lösung besteht also darin, seine Bedürfnisse kundzutun.
Die Beziehung zwischen Alt und Jung ist anspruchsvoll, ohne Zweifel. Trotzdem gibt es meiner Meinung nach zwei Kniffe, wie wir uns das Leben leichter machen können. Der erste davon ist, den Kontakt nicht zu scheuen, sondern anzunehmen, wenn er sich ergibt, und ihn zu suchen, wo es möglich ist. Der zweite Trick ist, ehrlich zu kommunizieren. Das ist zwingend nötig, um sich gegenseitig zu verstehen. Nehmen wir uns das zu Herzen, können wir beruhigt darauf hoffen, Klischees abzubauen.
Lesen Sie auch den Text von UND-Autorin Tanja Mitric. Sie hat sich ebenfalls Gedanken über die Generationenbeziehung gemacht.
Am Thuner Seniorenmärit führten die UND-Autorinnen Annina und Tanja mit den BesucherInnen anregende Gespräche über deren Kontakt, Umgang und Wünsche an die Jugend. Ihre Erkenntnisse haben die beiden mit eigenen Erfahrungen ergänzt.