
Muesumsdirektor Beat Hächler. Bild: Andrea Blatter
Ewiges Eis? Dafür gibt’s doch das Alpine Museum! Irrtum–jedenfalls was die aktuelle Ausstellung betrifft. Diese sei umso mehr empfohlen: Es geht um Menschen, um Arbeit, um Tradition und Innovation,und dies in unseren Bergen. «Werkstatt Alpen» zeigt vor allem die Beispiele von sieben HandwerkerInnen und KleinunternehmerInnen – durchaus nicht nur typische Bergler–, welche in Bild und Ton porträtiert sind. Die Schuhmacherin, der Käser, die Weberin – sie machen etwas Vertrautes, aber sie müssen bedenken, wie sie damit überdauern können. Wovon sie übrigens überzeugt sind, wie ihre Schlussworte beweisen.

Wir sehen Werkzeug und Material; ein Saal «singt» das Hohelied der Hand-Arbeit; das «Schaulager» präsentiert verblüffend vielseitige Produkte, die im Alpenraum entstehen. Kühn der junge Romand, der Holz-Skis baut;herausfordernd die Frage an uns, wie viel wir dafür zahlen würden.Am spannendsten ist’s, wo die Arbeit direkt erlebbar wird: Schindeln herzustellen, daran darf sich der Laie selber versuchen. Ein Arbeitsplatz hingegen ist von Fachkräften besetzt – gegenwärtig solchen aus der Geigenbauschule Brienz; allerdings nicht zu jeder Zeit.

Nicht alpinistisch – alpin
Über seine persönliche Beziehung zu den Bergen will Beat Hächler (57) –der früher im Stapferhaus Lenzburg schon erfolgreiche Ausstellungen aufgezogen hat – nur wenig verraten: Er sei kein Bergsteiger, eher ein Wanderer, gerne auf Höhen, wo’s noch Zivilisation gibt. Das entspricht dem Bild, welches er von «seinem» Museum geben möchte: Es ist zwar 1905 vom Schweizer Alpen-Club (SAC) gegründet worden; aber es will nicht alpinistisch, sondern alpin erscheinen. Es ist kein Besucherzentrum zur Alpenwelt–es steht zu Recht hier in der Stadt–, sondern beruht auf einer «Beziehungsgeschichte zwischen den Menschen und den Alpen», und die wird stets neu verhandelt.
Es ist nicht nur«ein Kulturerbe-Speicher, vielmehr eine Spielwiese für relevante Themen von heute». (Ja, solche Ausdrücke verwendet Beat Hächler, der witzig und gebildet ist, aber auch gewohnt, das Museum in seiner modernen Form zu verteidigen, auch um des Geldes willen.) Ein Alpines Museum kann mehr als ausgestopfte Tiere oder Kristalle zeigen,es ist ein Forum und Forschungsort; es greift daher auch regelmässig ins Internationale aus: So wird ab 22. November 2019 eine Präsentation von Winter(sport) im Iran zu erleben sein.

«Werkstatt Alpen»
Gäste aus Asien wundern sich ab und zu, dass sie hier nicht nur die Schweizer Berge vorgeführt bekommen. Aber im Wesentlichen findet ein grossteils einheimisches Publikum Anregendes zu «Fragen, die Lebenssinn stiften», zum Zusammenleben. Es sind nicht die Museumsmitarbeitenden allein, die Ideen ausbrüten, sondern das geschieht mit Akteuren aus dem ganzen Alpenraum–einem Netzwerk von Leuten, die mit dem Museum in Kontakt stehen und das Wissen der Betroffenen einbringen: In der Wissenschaft nennt man dies «Citizens’ Science». Die «Werkstatt Alpen»ist ein gutes Beispiel dafür.

Regelmässig geht das Museum auch mit Ausstellungen aus dem kleinen Ausstellungsraum «Biwak» auf Wanderschaft, so dass zu den 30’000 Besuchen jährlich in Bern noch deutlich mehr auswärts hinzukommen. Auch junge Leute werden bewusst angesprochen; da liesse sich freilich noch zulegen, meint Beat Hächler. Umwelt-Fragen nehmen einen wichtigen Platz ein; der alpine Raum offenbart nämlich derartige Entwicklungen schneller als andere. Und es sollen hier ständig heikle, konfrontative Themen zur Sprache kommen–neben dem Schönen, das die Berge bieten.

Da lief doch lange die Bilder-Ausstellung «Schöne Berge»; da wurden jedoch nicht Kunstwerke zelebriert, sondern eher der Blick von Menschen auf Landschaften. Das Alpine Museum will«transdisziplinär» wirken. Vieles, was Beat Hächler sagt, können wir an der jetzigen Ausstellung überprüfen. Wir sehen, abseits einer Idealisierung von altem Handwerk, wie Menschen in den Bergen in der heutigen Welt zu bestehen suchen. Und wir können uns fragen, wie wir uns als KonsumentInnen im Alltag verhalten. Die Handwerker sind mit ihren Nischenprodukten auf (städtischen) Absatz angewiesen. Die Solidarität zwischen den Städtern, dem Unterland und den Berggebieten ist denn auch für das Alpine Museum ein zentrales Thema.
