Ein prächtiger Sommertag neigt sich dem Ende zu. Ich schlendere durch den Garten, erwartungsvoll. Ich weiss, sobald die Dämmerung anbricht, wird sich hier eine Blüte öffnen, eine zweite da, eine dritte dort.
Sommerstern und Abendlicht wird die Nachtkerze auch genannt. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wird die Pflanze aus Nordamerika, ihrem Ursprungsgebiet, nach Europa gebracht. Im Botanischen Garten von Padua kann sie bestaunt werden. In der Folge lassen viele Adelige sie in ihrem Schlosspark anbauen. Später hält sie Einzug in den Gärten der Bürger und Bauern. Heute ist sie verwildert und wächst entlang von Bahndämmen, Strassenböschungen, auf Schutthalden, in Kiesgruben und Naturgärten.
Das Erblühen der Nachtkerze nach Einbruch der Dunkelheit ist ein spektakuläres Naturphänomen. Keine andere Pflanze auf unserem Kontinent öffnet ihre Blüten so schnell wie sie. Innerhalb weniger Minuten verwandelt sie unseren Garten in ein leuchtendes Blütenmeer. Die Plötzlichkeit und Schnelligkeit des Aufblühens hat etwas Magisches und vermag mich immer wieder völlig in seinen Bann zu ziehen. Unterstützt und verstärkt wird die Zauberhaftigkeit des Augenblicks jeweils durch den Duft, den die Blüten verströmen. Sie bleiben die ganze Nacht und den nächsten Tag über geöffnet, schliessen sich im Verlaufe des Nachmittags und verwelken.
Können Pflanzen schnell sein? Ja! Lassen Sie sich von Mitte Juni bis Ende September vom Zauber der Nachtkerze betören. Sie werden es nicht bereuen.