
Alex: Die Besuchenden erwartet eine kunterbunte, interaktive Ausstellung über die natürliche Vielfalt der Geschlechter und sexuellen Orientierungen bei Tier und Mensch. Gekonnt verbindet die Schau Kultur mit Natur und Wissenschaft mit Gesellschaft. Mit einem aufklärenden Kurzfilm starten wir unseren Ausflug ins «Queerreich». Die Ausstellung hat vier Themenbereiche: Vielfalt, Körperwelten, Kräfte und Zukunft. Im ersten Teil der Ausstellung finden wir unzählige Beispiele aus dem Reich der Tiere. Vorgestellt werden Arten, welche beispielsweise keine Männchen brauchen, um Eizellen zu befruchten. Weiter lernen wir über homosexuelles Verhalten vieler verschiedener Tierarten, so zum Beispiel bei den Delfinen. Spannend ist auch ein Pilz, welcher mehrere hundert verschiedene Geschlechter annehmen kann, oder die Schnecke, welche das Geschlecht wechselt. In einem weiteren Teil der Ausstellung finden sich Kurzfilme von queeren Menschen und deren Eltern, welche ihre Geschichte erzählen: anschauen äusserst empfohlen! Die Sequenzen sind teils berührend, aufrüttelnd und grundsätzlich sehr lehrreich, die Mitteilungen kraftvoll. Es tut mir sehr weh, dass in unserer heutigen Zeit Menschen immer noch aufgrund ihrer Sexualität oder ihres Geschlechts (teils massiv) diskriminiert werden. Auch ich bin in dieser Gesellschaft aufgewachsen und habe gewisse Bilder vermittelt bekommen.
Eine Wand fällt sofort ins Auge: riesige Fotos von queeren Menschen, wunderschön und kunstvoll abgelichtet, zieren diesen Bereich der Ausstellung.Wie unsere Sprache das binäre System (männlich/weiblich) unterstützt und die natürliche Vielfalt ausschliesst, lernen wir an einer weiteren Station. Dort finden wir auch Beispiele, wie wir unsere Sprache inklusiver gestalten können. Wir vier haben die Ausstellung mit unterschiedlichem Vorwissen betreten und konnten alle etwas dazulernen

Aufklärung per Social Media
Für mich war es der zweite Besuch im Queerreich. Vor einigen Wochen war ich bereits einmal mit FreundInnen in der Ausstellung und wollte anschliessend unbedingt einen Beitrag darüber schreiben. Ich bemühe mich seit geraumer Zeit, eine gute «Ally» (zu Deutsch: Verbündete) für Queere zu sein. Auf den Sozialen Medien folge ich queeren Menschen und lasse mich über die Missstände aufklären. Durch den Besuch im Queerreich und die für mich extrem wichtige Aufklärungsarbeit vieler Menschen auf Social Media will ich jegliche Vorbehalte in mir gegenüber queeren Menschen abbauen. Ich habe diese Ausstellung meinen FreundInnen und meiner Familie weiterempfohlen. Ich finde es unabdingbar, dass wir als Gesellschaft offen werden für die LGBTIQA+–Community; und diese Ausstellung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Ist es ein Bub oder ein Mädchen?
Annemarie: Die Vielfalt der sexuellen Ausrichtungen aller Lebewesen ist im Museum schön dargestellt und erklärt. Es erscheint mir alles logisch – ja, und auch natürlich. An Schwule und Lesben haben wir uns gewöhnt und ausserdem viel über Transsexualität gelesen, gehört und gesehen. Bisexualität kann ich einordnen und seit einiger Zeit weiss ich auch, dass Menschen ohne sexuelle Bedürfnisse asexuell sind. Polyamorie bedeutet, mit mehreren PartnerInnen gleichzeitig eine Liebesbeziehung zu pflegen, ohne untreu zu sein, da alle Involvierten Bescheid wissen. Das ist aber noch nicht alles, ich bin von dieser Vielfalt schlicht überfordert.
Diskriminierung von Menschen, die einer dieser Gruppen angehören, geht allerdings gar nicht. Das Schweizer Volk hat sogar einer Erweiterung der Antirassismus-Strafnorm zugestimmt, allerdings ohne trans- oder intergeschlechtliche Menschen mit einzubeziehen. Auch ich habe dem zugestimmt, weil es für mich wichtig ist, dass allen Menschen respektvoll begegnet wird. Menschen, die darauf bestehen, nicht einem der Geschlechter zugeordnet zu werden, könnten es mir schwierig machen. Nicht generell, aber wenn ich so jemanden begrüssen soll. Nicht Frau …, nicht Herr …, aber wie dann? Aber vielleicht weiss ich ja auch gar nichts davon und benehme mich unbefangen. Ich muss sagen, dass mich Menschen interessieren, ihre sexuelle Ausrichtung aber weniger. Im Vordergrund steht die Person, oder besser gesagt die Persönlichkeit. Aber seltsam ist es doch, dass schwangere Eltern auch heute immer noch begierig sind zu wissen, welches Geschlecht ihr Kind haben wird. Dabei wird sich der werdende Mensch vielleicht später ganz anders entscheiden.

Es gibt nichts, was es nicht gibt
Hanna: Ich war anfänglich sehr gespannt und neugierig auf diese Ausstellung. Ich hatte gehört, dass unglaubliche Szenen gezeigt würden. Für viele mag diese Ausstellung gewiss einige Überraschungen bieten. Nun, ich bin nicht gerade enttäuscht, aber das Ganze hat in mir nichts Spezielles ausgelöst. In meinem Alter kann mich kaum etwas erschrecken, denn ich setze mich gerne mit verschiedensten Themen auseinander und weiss, dass es nichts gibt, was es nicht gibt.
Die Natur ist vielfältig
Mischa: Da ich mich schon vor dem Ausstellungsbesuch intensiv mit den Themen beschäftigt hatte, gab es für mich kaum Überraschungen oder neue Erkenntnisse. Spannend ist aber der Einblick in die queere Tierwelt. Als Einstieg vermittelten die Tierbeispiele gut die primäre Aussage der Sonderausstellung: Die Natur ist vielfältig, sie unterliegt keinen strengen Regeln oder Systemen. Der Aufbau der Ausstellung ist sinnvoll gestaltet und weckt das Interesse der BetrachterInnen. Vor allem die Porträts über Menschen mit unterschiedlichen Geschlechtsidentitäten oder sexuellen Orientierungen haben mich fasziniert. Ich bin überzeugt, dass «Queer – Vielfalt ist unsere Natur» einiges an Aufklärungsarbeit leisten kann und zu mehr Toleranz innerhalb der pluralistischen Gesellschaft beiträgt. Besonders erfreulich war, dass auch Familien mit jüngeren Kindern die Ausstellung besuchten. Damit werden die Themen enttabuisiert und früh Vorurteile abgebaut.
