Jemand möchte dringend heimgehen: «I mues ga wohne, der Mietzins louft.» Und was sagt der, welcher noch bleibt? «Chum guet hei!» Auch wenn jener nebenan wohnt. Völliger Unsinn, meint die eine Person; das kommt automatisch, erwidert die andere.
Wir alle kennen doch diese Sprüche. Wir, die «vo hie» sind, und «normal». So bezeichnet sich eine andere Person in dem Stück, ein bisschen entschuldigend, aber überzeugt. Fünf solche Personen treten auf – vier gesetzte Pensionäre, von denen sich der jüngere Toni, Sohn eingewanderter Spanier, abhebt. Spanien, zu dem der Autor eine enge Beziehung hat, ist zentral. Denn das eine alte Paar, Joachim und Lisbet, ist eben nach 17 Jahren von dort heimgekehrt. Was bekommen wir von einer solchen Ausland-Schweizer-Geschichte mit? Erzählen sie die Wahrheit? Das ist einer der interessanten Punkte hier.
Das andere Paar, Robert und Erika, das nie weggegangen wäre, soll ja beeindruckt werden. Auch wettert Joachim – Jöggu für die Hiesigen – gegen Schweizer Eigenheiten wie die erwähnten Sprüche und die Umständlichkeit, mit der man hier seine Höflichkeit kundtut: «we-der weit so guet si», oder schon nur das ewige «merci». Es schweben jedoch Fragen im Raum wie: Warum sind die Ausgewanderten zurückgekehrt? War’s «Längizyti», oder etwas Schlimmeres?
Dass Pedro Lenz sich mit unserer Sprache auskennt, wird offensichtlich. Das ist nicht, wie die Werbung formuliert, «Sprachakrobatik», sondern das Gespür dafür, wie wir uns selbst in unseren Floskeln darstellen. Welche nichts Lächerliches an sich haben müssen. Am Schluss stirbt eine Person; was sagen Überlebende? «I kondoliere» – und weitere Floskeln. Aber was soll man sonst?
Das Stück beginnt lustig. Viele Wendungen lösen herzhaftes Lachen aus; nur einzelne abgedroschen – was sie ja auch sind. Aber alles rutscht ins Dunkle, ja Tragische. Mag sein, dass Lenz da ein wenig überzieht. So wirken auch die Gedichtzeilen, die dreimal mit der Stimme des Autors erklingen: bodenständige Lebensweisheit. Sehr skeptisch erscheint der Schlusspart: Jede Person darf einmal an die Rampe treten und in ihrem eigenen Namen sprechen; zuletzt tut dies der Toni, der allerdings glaubhaft seine Zerrissenheit zwischen zwei «Heimaten» ausdrückt. Von ihm hört man «Furtga isch immer fautsch», den Untertitel des Stücks.
Schweizer in ihrem Verhältnis zum Anderen. Darum geht es. Schweizer:innen mit unterschiedlichen Dialekten treten in dieser Inszenierung auf. Zu Recht ist’s ein Dialektstück – gut umgesetzt von den fünf Spieler:innen, eingängig, aber auch berührend, in einem einfachen, beweglichen Dekor mit pseudo-exotischer Tapete.
Um das Stück noch zu sehen, muss man freilich im Mai 25 nach Sursee fahren.
Was es in Thun weiter gibt: theaterinthun.ch.