Der Falter Walter
Ich bin ein Falter
Ich falte Briefe und Servietten
Ich falte Buchseiten bis sie Kunst sind
Ich falte Banknoten zu Papierfliegern
Ich falte Karton bis er ein Haus ist
Ich falte notfalls auch Falter
die mit offenen Flügeln gestorben sind
Ich falte meine Hände
wenn ich sonst nichts zu falten habe
Ich falte leidenschaftlich
alles Einfältige in Vielfältiges
Alles was sich entfaltet hatte
falte ich sofort zurück
denn gefaltet ist es ordentlicher
und faltiger wie ich
der Falter Walter
im Alter.

Jetzt schreibe ich
Ich schreibe – also bin ich
bewusst in der Gegenwart.
Ich sehe und spüre
den roten Bleistift in meiner Hand
mit welcher ich diese Worte schreibe.
Nun ist alles, was oben steht
bereits Vergangenheit
und es kommt nie wieder
auch nicht, wenn ich es lese
oder abschreibe –
es war einmalig, wie alles
im Leben.
In der Zukunft schreiben
kann ich nicht, wohl aber
einen Satz vorausdenken
und dann aufschreiben
wie jetzt gerade.
Wenn ich einen Satz
nach dem Schreiben wieder ausradiere
entsteht kein Zeitloch.
Aber wenn ich ihn vergesse
entsteht ein Erinnerungsloch.
Solange ich denke
kann ich etwas aufschreiben.
Aber nicht alle Gedanken
sind lesenswert
darum setze ich jetzt
den Schlusspunkt.

Töten oder leben lassen?
Die Nacht ist kalt
der Mond scheint fahl
der Uhu sitzt
ganz still im Wald
die Augen gross
die Sinne wach.
Da raschelt sie
die Haselmaus
Läuft unterm Laub
und sucht ne Nuss.
Soll ich als Dichter
die Maus ausliefern
den spitzen Krallen
dem grossen Schnabel?
Die Maus ist erst
fünf Wochen alt
der Uhu hungert
er braucht grad jetzt
ein Tier zum Frass.
Ich spende ihm
als freier Versler
aus meinem Sack
ne Cervelat
und schubs die Maus
ins Loch zurück.
So ein Gück!
