Kinder aus dem Selve-Quartier haben verschiedene Objekte ausgewählt und Zeichnungen davon angefertigt. Diese Objekte wurden anschließend von Christian Helmle fotografiert. Die Zeichnungen und Fotos wurden auf Aluminiumplatten gedruckt und können im Rahmen verschiedener Veranstaltungen betrachtet werden.
Anfang November 2023 fand die Einweihung zusammen mit den Kindern statt. Am 17. Mai 2024 fand eine Veranstaltung mit Beteiligung von UND Generationentandem statt. Bei dieser Veranstaltung erzählten verschiedene Generationen jeweils eine etwa fünfminütige Kurzgeschichte zu den Bildern der Kinder. Die Autor:innen haben dabei nur die Zeichnungen der Kinder vor sich und kennen das ursprüngliche Objekt nicht. Sie lesen ihre Geschichten vor, danach werden die Aluminiumplatten umgedreht, sodass die Autoren und Autorinnen das Originalobjekt zum ersten Mal sehen.
Das Kunstprojekt
Ein Kunstprojekt von Hanswalter Graf und dem Kindergarten Selve Thun, 2023–2028. Der Kindergarten Selve fungiert als Motor für Begegnungen im Selvepark. Mit dem Kunstprojekt SELBERSELVE helfen die Kleinsten den Erwachsenen im Quartier, sich mit Nachbarn und interessierten Besuchern aus anderen Stadtteilen zu treffen, auszutauschen und den Ort durch immer neue Geschichten zu beleben und aufzuwerten.
Inhaltsverzeichnis
- Der Flug – Erika Kestenholz
- Der Aufpasser – Erika Kestenholz
- Im Zauberwald – Erika Kestenholz
- Die Pappel – Elsbeth Waldburger
- Eine Taube namens Pipa – Elsbeth Waldburger
- Schwimmen – Elsbeth Waldburger
- Der Überfall uf d’Glace – Jürg Krebs
- Der rot Chorb – Jürg Krebs
- Schromhüsli – Jürg Krebs
- Endlich geht es los – Telsche Keese
- Geburtstagstisch – Telsche Keese
- Wandern – Telsche Keese
- Ds Oug – Annemarie Voss
- Bank – Heinz Gfeller
«Ich fand die Idee von Hans Walter Graf gut, dachte aber, das Schreiben von Geschichten sei ganz und gar nicht mein Ding. Als wir wenig Anmeldungen hatten, liess ich mich doch darauf ein und bin froh darüber. Der Workshop von Corinna Maisano war einfach genial. Das Schreiben fiel mir leicht und der ganze Anlass in der Selve gefiel mir sehr gut.»
Erika Kestenholz
Der Flug
Text: Erika Kestenholz
Die kleine Spinne sitzt nach getaner Arbeit in der Mitte ihres Netzes und wartet gespannt auf das fette Insekt, das bestimmt bereits im Anflug ist. Sie freut sich darauf es einzuwickeln und sich damit ihren Bauch zu füllen. Die Zeit verrinnt. Da, eine Wespe! Sie fliegt vorbei. Das Gebrumm einer Fliege! Kurz vor dem Netz dreht sie ab. Plötzlich erklingt Gesang. Ein Kind hüpft trällernd herbei. Die Spinne ruft: Bitte zerstöre mein nigelnagelneues Netz nicht! Das Kind setzt sich behände auf die Flugmaschine, zieht am Hebel und hui -! – erheben sie sich in die Luft. Die Spinne rettet sich an den Rand des Gefährts und sieht bereits den Thunersee unter sich. Sie fliegen über den Niesen. Das Kind jubelt. Ein Looping, dann umkurven sie das Jungfraujoch und fliegen via Niederhorn zurück nach Thun. Nachdem sie sanft aufgesetzt haben, schätzt sich die Spinne überaus glücklich, dass ihr Netz ganz geblieben ist.
Der Aufpasser
Text: Erika Kestenholz
Max steht gross und stark mitten in der schönen grünen Aare. Auch die Aare ist gross und stark und manchmal gelingt es ihr beinahe, Max umzustossen. Aber er ist aus Beton und stemmt sich mit Macht gegen die Wasserfluten. Und er passt auf. Tag und Nacht behält er abwechselnd eines seiner Augen offen und beobachtet die Umgebung. Heute hat er seinem Auge kaum getraut und musste mehrmals blinzeln, als er sah, wie sich ein kleines Mädchen auf einer blauen Flugmaschine in die Luft erhob und davonsauste. Zum Glück kam es nach einer Stunde wohlbehalten wieder zurück. Jetzt beobachtet Max eine Entenfamilie. Die kleinen Entchen folgen brav ihrer Mutter, bis auf eines, das sich weiter auf den Fluss hinauswagt, und – nein! – es wird von der Strömung weggetragen und schwimmt auf Max zu. Ganz knapp schwimmt es an ihm vorbei und zur Fischtreppe, wo es verschwindet. Max denkt: «Es ist verloren!»
Im Zauberwald
Text: Erika Kestenholz
Das kleine Entchen ist sooo müde. Der Wald ist gross. Die Bäume wachsen in den Himmel. Es setzt ein Füsschen vor das andere und denkt: «Wäre ich nur bei den andern geblieben!» Eine halbe Stunde vorher, nachdem es von der Strömung mitgerissen worden war, wäre es beinahe auf einen grossen Pfosten geprallt. Und dann diese engen Kurven in der Fischtreppe! Ihm war schwindlig geworden. Dann musste es mit aller Kraft strampeln, um ans Ufer zu gelangen. Und jetzt? Wie soll es den weiten Weg nach Hause schaffen? Erschöpft lässt es sich zu Boden fallen und schliesst die Augen. Auf einmal hört es eine feine Stimme: «Hallo Entchen, erwache!» Das Entchen erblickt ein feines Elfchen. Es schaut zu den Bäumen auf. Die Baumspitzen tragen rote Hauben. Nun fährt ein Windstoss hinein und ein Flammenmeer erscheint, aber ohne Brand. Die Elfe spricht: «Heute ist ein besonderer Tag. Wünsch dir was!» Da ruft das Entchen: «Ich möchte fliegen!» Zwei der Flammen sinken durch die Äste der Bäume herab und setzen sich auf die Schultern des Entchens. «Danke!», sagt es zur Elfe, erhebt sich in die Luft und fliegt so schnell wie möglich heimzu. Als Max sieht, wie sich die Entenmutter und die Geschwister über die glückliche Rückkehr freuen, denkt er: «Es geschehen noch Wunder!» Auch die kleine Spinne ist zufrieden mit dem Tag. Eine fette Fliege hat sich in ihrem Netz verfangen, auf der Flucht vor einer fliegenden Babyente.
Die Pappel
Elsbeth Waldburger
Ich bin die Pappel.
Ich wachse hoch hinauf in den Himmel.
Ich wachse tief hinein in die Erde.
Ich stehe hier schon mehr als 50 Jahre.
Ich stehe schon so lange hier – immer an diesem gleichen Ort.
Jetzt erzähle ich euch, was ich an einem Novembermorgen erlebt habe.
An diesem kalten Morgen wird es langsam, langsam hell.
Der Himmel ist grau.
Wie fast jeden Morgen spazieren Max und Lisa vorbei.
Aber heute, heute sind sie nicht still und nachdenklich wie sonst.
Heute schreien sie und fuchteln mit den Händen.
Also genau gesagt fuchtelt das Mädchen herum.
Es schreit und weint. Ich sehe Tränen auf ihren Wangen.
Der Junge hält etwas in seinen beiden Händen versteckt.
Was ist das wohl?
«Du darfst die nicht mitnehmen! Bring sie zurück! Lass sie in Ruhe an ihrem Platz für den Winterschlaf!»
Das ruft Lisa laut. Ihre Stimme überschlägt sich.
Max schüttelt den Kopf.
«Ich darf es so machen wie ich will!» schreit er zurück.
«Ich will diese grosse Blindschleiche in der Schule zeigen.»
Was würdest du machen?
Eine Taube namens Pipa
Elsbeth Waldburger
Kennst du mich?
Ich bin die fast weisse Thuner Stadttaube. Ich heisse Pipa.
Ich kann alles von oben sehen.
Schau dir den grossen Spielplatz an.
Der Rasen ist grasgrün, richtig grün.
Darauf rennen die Kinder herum wie wilde Pferde – im Galopp – rundherum.
Manchmal machen sie Purzelbäume, gerade zwei hintereinander.
Sie üben den Handstand, sie schlagen das Rad.
Auf dieser grünen, grünen Wiese ist das wohl ganz einfach.
Wenn keine Menschen da sind, lande ich gerne auf dieser Wiese.
Dann spüre ich die feinen Grashalme, manchmal kitzeln sie.
Dann rieche ich die Erde.
Es ist weich und gemütlich.
Der braune Platz ist nicht weich, aber auch nicht hart.
Hier rennen die Kinder noch viel schneller als im Gras – hin und her – kreuz und quer.
Mit Bällen prellen sie, kicken und probieren Tricks aus.
Wenn da Betrieb ist, ist es laut.
Da verziehe ich mich lieber.
Rund um den Spielplatz stehen hohe Bäume, es sind ganz viele, es sind 22!
Und zwischen den Bäumen hat es einen Brunnen.
Da kann ich mich abkühlen.
Da kann ich trinken, wenn ich Durst habe.
Schwimmen
Elsbeth Waldburger
Schwimmen, das gefällt mir.
Im Wasser herumflitzen, das macht mit Spass.
Klar – ich bin ja auch ein Fisch.
Das, was du hier auf dem Bild siehst, das ist kompliziert.
Das Wasser fliesst in einem breiten Kanal.
Es fliesst in einem schmalen Kanal.
Manchmal schimmert es blau wie der Himmel.
Manchmal wirkt es schwarz.
Hier herumzuschwimmen habe ich einmal versucht.
Ich glaube, das ist verboten.
Aber ich wollte es unbedingt einmal ausprobieren:
Ich schwimme los – tägg, stosse ich gegen eine harte Mauer.
Ich drehe nach links – tägg, schon wieder.
Ich drehe nach recht – tägg, schon zum dritten Mal.
Jetzt suche ich langsam und vorsichtig einen Ausweg aus diesem komischen Ort.
Es ist der Weg zurück, dahin wo ich herkomme.
Ich schwimme lieber in der Aare.
Wer weiss, was die Menschen da eingerichtet haben und wozu das gut sein soll.
Die Idee des Fotokünstlers Graf, seine Fotos aus dem Selve-Quartier von KindergartenschülerInnen abzeichnen zu lassen und von SeniorInnen Geschichten zu den Zeichnungen zu erfragen, fand ich gut.
«Das Kreativkürslein der Schauspielerin Corinna Maisano bereitete uns Schreibende gut darauf vor, zu den nicht so eindeutigen Zeichnungen locker kurze Geschichten zu schreiben. Ich schrieb Berndeutsch, damit die kleinen Kinder mich gut verstehen und performte am Vorleseabend drei Minigeschichten. Während den ersten zwanzig Minuten hörten die Kinder und Eltern gespannt zu, dann waren immer mehr Kinder nicht mehr aufnahmefähig – gemäss der alten Regel: Du kannst über alles reden, aber nicht über zwanzig Minuten. Einzelne Mütter fragten anschliessend nach den geschriebenen Texten und waren erfreut, sie zu erhalten. Dieser Anlass war eine neue und lustige Form eines Generationenspiels. Danke allen Beteiligten.»
Jürg Krebs
Der Überfall uf d’ Glace
Jürg Krebs
D’Melanie chunnt mit ihrem farbige Glacewage i die chliini Badi u singt: Mi Glace isch süess u weich u chüelt dini Zunge.
Nachhär pfiift si der Glacesong u d’Ching bättle bi ihrne Müetere, Vättere u Grosis für Gäld.
Der Fredy isch alleini i der Badi u het keis Gäld. Är wett aber soo gärn e Glace. Drum schliich är dür z’Gebüsch bis hinger a Wage, gumpet druf u reckt mit sire dräckige Hang i Chübu mit Brombeerglace. D’Melanie packt der Fredy am Chrage u zieht ne wäg. Der Wage kippt u drei Chüble mit farbiger Glace lääre us. Aui Ching schreie u renne häre für vo dere Glace am Bode z’nä. D’Melanie schreit:
Halt-halt-halt diir Diebe! Der Vatter Geri chunt u seit:
Fertig! Göht zrügg. Ig zahle jedem Ching e Chugle Glace.
D’Ching fouge. U sogar der Fredi überchunnt e Chugle Schoggiglace! Am Schluss tanze alli ume Vatter Geri u d’ Melanie u singe:
Merci, merci, merci.
D’Melanie isch zfride u seit niemerem, dass ihre Glacewage eigentlich e verchleidete Ichoufswagen isch.
Der rot Chorb
Jürg Krebs
Näbe der Schprossewand hanget wit obe e Chorb mit emne rote Rand. Bim Basketballschpil probiert me, mit ere grosse Balle dri z’preiche. Für Ching hanget dä Chorb vil z’wit obe. Aber är isch äbe fescht a-gschrubt u me cha ne nid eifach chli abe versetze.
D’Sandra u der Eno sueche Lösige für das Problem.
Der Eno seit: Me müesst chlineri Balle nä. Die würde weniger vom Rand wäg-gumpe.
D’Sandra het o ne Idee: Es git doch so Öpfupflücker a Schtange.
De würd ig e Tennisballe i d’ Zange vom Pflücker chlemme u chönnt die Balle ganz liecht vo ob i dä Chorb la gheie.
Meinsch nid, das wäri gfährlich, we alli Ching mit Schtange würde umerenne u vilicht sogar drischla dermit?
Die Schtange müesste haut us Gummi sii.
Aber i ha d’Lösig: Mir schiesse die Tennisballe graad vo ungen ufe düre Chorb düre; so preiche mir besser.
Genau. Mir chönnte ja d’Regle ändere u säge: d’Balle mues vo unger nach obe dür e Chorb.
Klar, das wär de äbe Chinder-Chorbball, abgchürzt «CH-CH».
D’ Frou Bälleli, üsi Lehrere, hätti sicher Fröid a üser Fantasie!
Schtromhüsli
Jürg Krebs
Das Hüsli seit mir: Ig bi nes Schtromhüsli. Ig bi gfährlich wüu schtarche elektrische Schtrom i mir fliesst. Drum isch mi Türe guet verschlosse.
Ig Schtromhüsli summe und um mi ume flüge Hummeli wo mit ihrne chliine Flüegeli mit-summe. Mir mache auso zäme gärn chli Musig.
Vili Hummeli-Arte si usgschtorbe, wüus uf de Fäuder weniger Chlee, Dischtle u Johannischrut git u wüu viu Gift gschprützt wird gäge Insekte. Das isch tumm.
Ig locke mit mim Summe e Hummelichünigin a. Si flügt dür nes Lüftigsloch i mi ine. Ihre gfaut mi inneri Wermi. D’Hummelichünigin setzt sich uf mi Bode u bout es Näschtli. Dört leit si vili Mini-Eili dri. Us dene Eili schlüpfe mit der Zyt Hummeli use, me seit ne Arbeiterinne. Die Arbeiterinne flüge zum Lüftigsloche use u gö ga Blüeteschtoub u Nektar sammle, wo si der Chünigin bringe u o chli säuber ässe. Bi ihrne Bsüech vo Blüete tüe si Böim u Gmües u Blueme befruchte. Drum gits de für Mönsche u Tier Frücht, Gmües u Getreide.
Ig tu also nid nume Schtrom verteile, sondern o no häufe, ds Ässe u schöni Blueme la z’wachse. Gschiid oder?
Der Dave Goulson, e Hummeliforscher seit: «Wenn wir lernen, wie man eine Hummel rettet, können wir morgen vielleicht die Welt retten.»
Endlich geht es los
Telsche Keese
Endlich geht es los. Die Koffer sind gepackt. Ich bin schon ganz aufgeregt, denn wir reisen nach Italien. Es ist sehr weit von hier, deshalb lassen wir das Auto zuhause, wir reisen mit dem Zug.
Bis wir dort sind, müssen wir geduldig sein. Erst geht es ganz normal durchs flache Land, aber dann kommen die hohen Berge. Das wird spannend. Dann verschwinden die Züge mit allen Waggons im Tunnel wie in ein riesiges Maul. Sie sausen durch die lange Röhre genauso schnell weiter. Ich mag, wenn dann das Licht über unseren Sitzen angeht, und draussen ist es schwarz und dunkel. Bisschen wie in der Geisterbahn. Wenn ein Gegenzug kommt, rüttelt es an den Fenstern, das macht der Luftstoss, den die Gegen Lok vor sich hertreibt.
Die Züge nach Italien sind cool, sie haben bis zu 14 Wagen, sind silbrig und legen sich in den Kurven etwas nach rechts oder links, da kanns einem schwindlig werden. Und dann der Moment, wenn wir aus der letzten Tunnelröhre rauskommen, langsam wird es heller und heller, und dann kommt die Sonne, immer nur Sonne. Am Meer bauen wir dann Sandburgen und Kanäle. Wenn die Wellen kommen, sacken sie so schön zusammen, dann fangen wir wieder von vorne an. Das macht gar nichts.
Aber die Züge, die laufen auf festen Schienen, da passiert nichts, die können nicht anders, müssen immer drauf bleiben.
Ich möchte mal Lokführer werden. Wer weiss.
Geburtstagstisch
Telsche Keese
Auf meinem Geburtstagstisch stand ein grosser Gegenstand. Ich hatte keine Ahnung , was unter dem dunklen Tuch sein könnte, das meine Mutter darüber gehängt hatte. Die 5 Kerzen brannten, und ich stand ganz still davor, bis ich sie ausgeblasen hatte.
Dann kam der grosse Moment: und was entdeckte ich da? Einen Käfig mit einem wunderschönen blauen Kanarienvogel, sein Gefieder glänzte nur so. Er sass aber ganz verschreckt in einer Ecke und rührte sich nicht.
Wie lange hatte ich mir einen Kameraden gewünscht! Ich redete gleich mit ihm, ermunterte ihn, auf die Stangen hinaufzuhelfen, in den runden Spiegel zu schauen oder am Boden gelbe Körner von einem dicken Getreidestengel zu picken, aber nichts passierte. Da entdeckte ich einen kleinen Plastikbehälter, der auf der Seite des Käfigs angehängt war. Mit Wasser drin, könnte er dort wirklich einmal ein Bad nehmen und sich aufplustern, flattern und spritzen.
Aber heute war nichts mit ihm anzufangen. Ich stellte ihn näher ans Fenster, dort konnte er hinausschauen in unseren Garten, sich ein wenig sonnen und viel später, wenn er sich an mich gewöhnt hat, wird er auch einmal in meinem Zimmer herumfliegen, das wusste ich genau.
Wandern
Telsche Keese
Jetzt im Sommer wollen meine Eltern immer raus in die Berge zum Wandern, wie ich das blöd finde. Da muss ich die Wege immer nur rauf und runter laufen, es ist langweilig. Da passiert doch gar nichts.
Aber auf die Pausen freue ich mich.
Neulich picknickten wir auf einer Bank, das finde ich immer gut. Anschliessend liess ich mich satt in eine Blumenwiese fallen und döste vor mich hin. Im Gras kletterten Ameisen herum, überall summte und brummte es, aber das laute ZZZZ…ZZZZZ…ZZZZZ, übertönte alles. Woher das kam? Richtig, das waren die grünen Hüpfer, die «Heugümper», die in der Wiese so viel Lärm machten, aber eins machte mich stutzig: Immer, wenn ich mich bewegte, blieb alles plötzlich still.
Da hab ich mir einen grossen gefangen, der schoss plötzlich wie eine Rakete aus dem Gras hoch in die Luft. Ich erwischte ihn kurz vor seiner Landung, steckte ihn in eine leere Schachtel und nahm ihn mit nach Hause. Nun sitzt der Hüpfer in einem «Konfiglas» vor mir auf meinem Pult. Endlich kann ich ihn in Ruhe ganz genau betrachten. Gerade tastet er mit seinen langen Fühlern am Kopf an der Glaswand herum. Ob er wohl wieder Musik macht, wenn es dunkel wird? Mal sehen, was passiert.
«Stolz haben die Kindergärteler ihren für den Anlass einstudierten Tanz präsentiert. Anschliessend haben sie unsere Bildinterpretationen aufmerksam verfolgt und sich gefreut, wenn sie wussten, wer das Bild gemalt hatte. Und wir Schreiberlinge haben jeweils gestaunt, wie weit wir in den meisten Fällen mit unseren Geschichten daneben lagen.»
Annemarie Voss
Ds Oug
Annemarie Voss
D Lilli u dr Bruno hei i Waud söue go Waudmeischter hole, wöu d Mueter wett Sirup drus mache. Dr Bruno wär zwar lieber go skate, aber d Lilli isch no ds chli gsi für allei i Waud z gah. Si hei no nid viu gsammlet gha, wo d Lilli plötzlech blibt schta:
Bruno, dert isch es Füür.
I gseh nüt!
Mou, dert ir Höhli, es flackeret no chli.
Spinsch? Es isch ke Mönsch wiit und breit.
Aber mir söttes lösche, dr Waud chönnt süsch brönne.
Lilli, das isch kes Füür! Es isch es Oug.
Sicher nid, Höhline hei doch kener Ouge.
Höline nid, aber die wo drinne wohne
Drinne? – Wohne?
Mhm …
Es Unghüür?
E Drache.
Dä chönnt sicher o Füür spöie.
Mhm …, aber nid itze, är schlaft. Wahrschinlech tröumt er u wenn er im Troum blinzlet, da gseht me ds rote Oug.
Bruno, i wott hei.
Geit nid, mir hei no nid gnue Waudmeischter.
Schluchzt: I ha aber so Angscht.
I has scho gwüsst, dass me mit sore Angsthäse nid i Waud sött.
Guet, de gömer haut hei, aber i bi nid tschuld, dass mer nid gnue Waudmeischter hei.
U dr Bruno hett sech gfröit, dass er itz doch no mit de Kollege cha go skate.
«In einem lockeren «Vorkurs» mit Corinna Maisano hatten wir uns darauf eingestimmt, zu mysteriösen Zeichnungen Geschichten zu erfinden. Schön für unsere Fantasie; fast am schönsten, wenn ich auf dem Bild kaum etwas deutlich erkennen konnte. So hatten wir viel Auslauf…»
Heinz Gfeller
Bank
Heinz Gfeller
«Nimm Platz!» sagt sie – die Bank. «Es het Platz für öppe füüf.»
«Bi-n-i nid z’schwär?» frage ich.
«Wiso? I bi-n-e Bank, das isch öppis für druf z’hocke. I bi nid e Bank.»
Hä?
«Chunsch nid nache? Di Dütsche hei es Problem mit mir. Si chöi Bank u Bank nid underscheide. Si meine, vo mir chönne si Gält übercho. Aber i bi ke Bank – i bi der Bank.»
Seltsam, denke ich. „U wen-i dir Gält bringe, nimmsch-es?»
«Cha nid. Es gheit mer geng dür d Latte. Un i ha-n-e Hufe Bei, aber alli si stiif, i cha mi nid bücke. U was nützt de Gält am Bode under eme Bank? Das nimmt doch der Nächscht, wo verbichunt, mit.»
«Dervoloufe chasch aber o nid, zum Glück. I hocke itz ab – uf dir, du Bank. Merci vilmal.»