Von wegen Berner sind langsam! Der Thuner Rapper Simon Tschopp, der unter dem Künstlernamen Saimon Disko auftritt, beweist das Gegenteil. In einem unglaublichen Tempo reiht er die Wörter so aneinander, dass Reime und Texte entstehen.
UND: Wie bist du zu deinem Pseudonym gekommen?
Meine Mutter nannte und nennt mich immer noch Saimon. Meine Kollegen haben das mal aufgeschnappt und daraus wurde vor etwa drei Jahren mein Künstlername. Die Geschichte hinter dem zweiten Teil «Disko» ist etwas länger – auch hier ist mein Mami der Ursprung (lacht). Eigentlich wollte ich diesen Namen nicht beibehalten, doch je länger ich ihn trage, desto besser gefällt er mir.
Wie hast du dein Talent zum Rappen entdeckt?
Ich habe schon früher viel – vor allem amerikanischen Rap – gehört, ohne mich wirklich damit auseinanderzusetzen. Die Lieder gefielen mir bereits als Kind: Das Feeling für die Rhythmen und Reime hatte ich schon damals. Im Oberstufenalter hörte ich das erste Mal Schweizer Rap, oder besser gesagt Berner-Rap, von «Chlyklass» bestehend aus «Wurzel 5», «PVP» und «Baze». Indem ich Texte auswendig lernte und nachrappte, entstanden mit der Zeit eigene Texte, die ich hauptsächlich meinen engsten Freunden zeigte. Etwa zur selben Zeit begann ich mit «Freestylen» und konnte auch einige Kollegen dazu motivieren. Deshalb behaupte ich, damals eher die Faszination als das Talent für diese Kunst entdeckt zu haben.
Mit Rap verbindet man auch Musik, die oft negative Aspekte im Leben oder der Gesellschaft ansprechen. Auch du sprichst im Song «Doubletime Spit» von einer «kranken Welt», sogar von einem Weltuntergang. Was hat dich zu diesem Text bewogen?
In einem Skilager stellte mir ein Leiter vor vielen Jahren die Frage: «Weisst du weshalb es fair ist, dass der Mensch die Welt zerstört?». Darauf wusste ich keine Antwort, der Leiter entgegnete: «Weil der Mensch der Einzige ist, der das nicht überleben wird.» Diese Aussage fasziniert mich bis heute, und da dieser Track sowieso relativ düster ist, habe ich den Gedanken in Rhymeform als Abschlussmessage in diesen Text eingebaut. Der Planet Erde wird bestehen bleiben, aber der Mensch wird sich, wenn er so weiter macht wie bisher, irgendwann selbst zerstören. Auch wenn sich dies für manche Leute bizarr anhören mag, sehe ich mich diesbezüglich weniger als Pessimist denn als Realist.
Welche Themen beeinflussen deine Texte am meisten?
Dinge, die meiner Meinung nach falsch laufen, die heranwachsende Jugend, Manipulation durch Medien, Abhängigkeit von Materiellem und elektronischen Geräten und allgemeine Ereignisse auf der Welt. Unsere Zeitungen sind mit Negativschlagzeilen gefüllt, was ich auch im Track «Bis froh» thematisiere. Um nun aber doch noch etwas Positives zu nennen, mit dem ich mich gerne auseinandersetze: Wortspiele. Hierbei spielen die Themen eher eine kleinere Rolle. Hauptsache fresh und zwei- oder mehrdeutig.
Musik kann auch als eine Botschaft ans Publikum verstanden werden. Was möchtest du den Leuten, die deine Lieder hören, mitgeben?
Bilde dir deine eigene Meinung! Und noch viel wichtiger: Handle auch danach! Sei dir dessen bewusst, was du hast und denke nicht ständig an das, was du nicht hast. Also kurz: Bis froh! Verfolg deine Ziele! Ich vertrete eisern die Meinung, dass jeder Mensch zu allem fähig ist, wenn sie oder er es wirklich will!
Gibt es einen Song, der dir besonders am Herzen liegt?
Hier einen Song zu nennen, wäre allen meinen anderen Songs gegenüber unfair. Ich liebe sie alle und habe jeden Text selber geschrieben und mir meine Gedanken dazu gemacht. Der Track «Be Careful» ist in Zusammenarbeit mit der Injahpendent Family entstanden. Musik verbindet. Dieser Song macht live schon besonders viel Spass. Das kann ich meinen anderen Songs gegenüber aber auch mit gutem Gewissen behaupten, da der Track ursprünglich von Injah ist, und ich der Featuring Gast bin.
In der Region Thun gibt es mehrere talentierte Rapper. Was unterscheidet dich von ihnen?
Ich sehe viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Die Szene in Thun ist klein, ich kenne viele Rapper aus der Region und komme mit jedem sehr gut aus. Der Umgang ist sehr freundschaftlich und die Motivation zusammen Musik zu machen, sei es nun in Form einer einfa- chen Freestyle-Session oder einem konkreten Song, ist bei allen sehr hoch. Was schlussendlich halt jeden Rapper unterscheidet, sind seine Tracks. Ich stecke im Vergleich zu einigen Freestyle-Kollegen deutlich mehr (beispielsweise aber im Vergleich zur Hip-Hop Crew «The Wake Up» deutlich weniger) Zeit in das Schreiben von Texten. Nichtsdestotrotz, wenn mich die Muse küsst, schreibe ich teilweise auch an Wochentagen bis um vier Uhr in der Nacht meine Ideen nieder. Ob das sonst noch jemand macht, den ich kenne, weiss ich nicht.
Anfangs Sommer ein Auftritt im AKUT, und Ende Juli konntest du zusammen mit anderen lokalen Musikern (Band «Injahpendent») in Pfäffikon (ZH) das grösste Reggae Festival (REEDS) der Schweiz eröffnen. Wie hast du dich auf der Bühne, wo schon Weltstars wie zum Beispiel Jimmy Cliff aufgetreten sind, gefühlt?
Es war grandios! Ich bin sehr zufrieden mit dem Resultat aus nicht einmal zwei Wochen Vorbereitungszeit. Was an Übung fehlte, machte jedes Bandmitglied mit seinen individuellen Fähigkeiten wieder wett. Die Playtime von 45 Minuten kam mir vor wie bloss eine Minute. Dass beispielsweise Jimmy Cliff bereits auf derselben Bühne aufgetreten ist, habe ich mir vorher noch nie überlegt. Eigentlich ist mir das aber auch ziemlich egal. Wir waren «Injahpendent» und unser Auftritt ist uns sehr gut gelungen, ich bin stolz auf alle, die beteiligt waren. Und Backstage an ei- nem Openair zu sein, ist auch nicht so schlecht (lacht).
Wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus? Sind weitere Konzerte oder sogar eine CD geplant?
Natürlich! Ich kann leider noch nichts Konkretes bestätigen, aber sei es ein Solo-Konzert oder ein Auftritt mit der Injahpendent Family – ich bin bereit. Ich möchte in nächster Zeit ein Mixtape herausbringen. Was «in nächster Zeit» bedeutet, kann ich leider noch nicht sa- gen. Vorher möchte ich noch einige neue Tracks schreiben und dann nur die besten veröffentlichen. Das unterscheidet mich möglicherweise dann doch von anderen Rappern. Insgesamt habe ich sicher schon 100 Texte geschrieben, aber wenn ich eine CD herausgebe, dann nur mit den Tracks, die ich den Leuten auch wirklich zum Hören vorsetzen will. Entweder richtig oder gar nicht.
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