Der Werdegang von Manuel Wiedmer ist einzigartig. Nach der Matura, mit Schwerpunkt Biochemie, begann er mit dem Veterinärstudium. Nach vier Semestern wechselte Manuel in die Architektur, ein Studium,wo Kunst, Ästhetik und Zeichnen zusammenfallen. Fächer, die ihn begeisterten – trotzdem wollte er nicht in diesem Beruf arbeiten. Er wollte unabhängig bleiben. Die ersten rudimentären Tattoos liess er sich von Freunden stechen, zu Hause auf dem Sofa.
Ein unglaubliches Erlebnis war für ihn, seine Empfindungen und Gefühlsregungen auf der Haut zu verewigen. Später durch das sichtbare Tattoo festzustellen: «Ich habe diese dunkle Zeit überwunden. Es bleiben Narben, die Geschichten erzählen.» Wenn Veränderungen im Leben mit starken Emotionen verknüpft werden, dann dienen Tattoos dazu, das Unaussprechliche mit Symbolen zum Ausdruck zu bringen. Eine nicht zu unterschätzende Tatsache.
«Ich habe diese dunkle Zeit überwunden. Es bleiben Narben, die Geschichten erzählen.»
Manuel Wiedmer
Der Ursprung des Tattoos
Man geht davon aus, dass sich die Sitte des Tätowierens bei unterschiedlichsten Völkern unabhängig voneinander entwickelt hat. Auf Tahiti wurde zum Beispiel mit spitzen Knochen oder Haifischzähnen tätowiert, die Maya verwendeten dafür Dornen und Kakteenstacheln. Unter Naturvölkern diente das Tattoo zur Kennzeichnung der Stammeszugehörigkeit.
In der Antike galten Tattoos als Zeichen der Barbaren. Die Griechen verwendeten Tätowierungen zum Markieren ihrer Sklaven. Tattoos kam damit die Funktion zu, die jeweils tätowierten Personen von der Gesamtgesellschaft abzugrenzen. In Europa liessen sich bis ins sechzehnte Jahrhundert fast nur Seeleute stechen. Auch mit der Welt der Gefängnisse und damit mit den Ausgestossenen der Gesellschaft wurde das Tätowieren in Verbindung gebracht. In russischen und amerikanischen Gefängnissen benutzten Männer Tätowierungen als Mittel der Kommunikation, um ihre Identität zu behaupten oder ihren Status zu zeigen. Mit der nationalsozialistischen Herrschaft brach für die Tattoo-Szene ein dunkles Kapitel an. In Konzentrationslagern wurden den Gefangenen Kennziffern auf die Unterarme tätowiert. Tattoos haben dieses dunkle Image fast gänzlich verloren. Heute sind sie Körperschmuck und Ausdruck verschiedener Lebenssituationen.
Ein aussergewöhnlicher Beruf: Tätowierer
Die Kunst des Tätowierens zu erlernen braucht viel Zeit, Disziplin und Übung. Das Wissen zu Vorschriften über Design- und Tattoo-Techniken, Grundlagen der Infektionslehre, den Heilungsprozess, Schutzmassnahmen, berufsspezifische Hygiene und Anatomie der Haut ist Bedingung. Manuel erlernte diesen Beruf von Grund auf autodidaktisch.
Als begabter Zeichner und Mensch mit hohen Ansprüchen sowie einem grossen Berufsethos hat er die richtigen Voraussetzungen, diese Kunst seriös auszuführen. Seine ruhige, gepflegte und kompetente Erscheinung erweckt Vertrauen, was eine Grundvoraussetzung ist in diesem Metier. Es geht ja nicht nur um die Besprechung des Sujets, der Farbe und der Grösse des zu stechenden Tattoos, sondern auch um die Person, die sich stechen lässt. Angst, Unsicherheit und Nervosität müssen berücksichtigt und besprochen werden. Bevor Manuel loslegen kann, muss jeder Klient, jede Klientin eine Einverständniserklärung ausfüllen. Diese weist auf mögliche Gefahren hin, wie beim Einnehmen von Medikamenten oder Schwangerschaft, oder auf die Behandlung von nachträglichen, eventuellen Infektionen. Die Person, die sich stechen lässt, muss diesen Risiken zustimmen. Denn: Rechtlich gesehen, ist eine Tätowierung eine Körperverletzung.
Lymphknoten so bunt wie Tattoos
«Tattoos kriechen mal den Nacken herauf, umfesseln den Bizeps, die Wade oder den ganzen Körper, wie bei mir», sagt Manuel mit einem verschmitzten Lächeln.
«Tattoos kriechen mal den Nacken herauf, umfesseln den Bizeps, die Wade oder den ganzen Körper, wie bei mir.»
Manuel Wiedmer
Tätowierungsmittel sind Gemische aus vielen Substanzen. Sie bestehen im Wesentlichen aus Farbmitteln (Pigmente und einer sogenannten Trägerflüssigkeit). Die Nadeln durchdringen die oberste Hautschicht und drücken die Tinte in die sogenannte «Dermis», eine Schicht, die etwa ein bis drei Millimeter unter der Hautoberfläche liegt. Nachdem die Farbe eingestochen wurde, reagiert die Haut. Das Immunsystem erkennt die Farbstoffe als Fremdkörper. Die Abwehrzellen umschliessen die Pigmenten der Tattoo-Farbe und bringen sie über die Blutbahnen zu den Lymph-gefässen. Die Lymphknoten in der Nähe grüner Tattoos werden grün, bei schwarzen und roten Tattoos, schwarz und rot. Es ist eine bunte Angelegenheit.
Manuel ist sich bewusst, dass gewisse Tätowier-Farben auch Giftstoffe enthalten. Mit solchen Farben arbeitet er nicht in seinem Atelier. Er achtet auf die EU-Chemikalienverordnung «Reach», welche die Grenzwerte von Konservierungs- und Bindemitteln sowie der Tattoo-Farben feststellt. Auf zwei beliebte Farbpigmente sollte verzichtet werden: «Pigment Blue», ein strahlendes Blau, und «Pigment Green», ein dunkles Grün.
Das Motiv, die Platzierung der vorgedruckten Vorlage
Die Liege ist gereinigt, desinfiziert, mit einer Schutzfolie überzogen – alles nach berufsspezifischer Hygiene. Sujet können feine Linien, zarte Schriftzüge oder ein ganz persönliches Thema mit einer vorgedruckten Schablone sein. Eine grosse Vielfalt und Kreativität umfasst dieses Handwerk. Ist so weit alles bereit, wird das Motiv final nochmals besprochen. Änderungen können noch vorgenommen werden. Ist das Sujet in Ordnung, wird die gewünschte Körperstelle vorbereitet. Je nachdem muss die Stelle rasiert und in jedem Fall desinfiziert werden. Beim persönlichen Sujet wird die angefertigte Matrize fest auf die Haut gedrückt. Bis zur perfekten Platzierung kann es mehrere Anläufe benötigen, das ist nicht ungewöhnlich. Dann wird das Papier vorsichtig abgezogen.
Alle Einwegmaterialien, wie Nadeln oder Farbtöpfchen, werden frisch ausgepackt. Der Tätowierer arbeitet mit Einweghandschuhen. Jetzt beginnt der Vorgang des Stechens. Je nach Stil beginnt der Künstler mit den Outlines, wie Umrisse von TätowiererInnen genannt werden, dann kommen die Schattierungen, die Farbe und das eventuelle Ausfüllen des Motivs. Eine Tattoo-Sitzung kann bis zu vier Stunden dauern. Da ist Geduld gefragt – auf beiden Seiten. Nach dem Stechen des Tattoos werden Blutströpfchen sorgfältigst entfernt, eine hautberuhigende Salbe aufgetragen und ein dünner Verband angelegt. Diese Hautstelle muss danach mindestens 14 Tage geschont werden.
Die herausfordernde Arbeit des Tattoos-Stechens verlangt höchste Konzentration, denn was Manuel in die Haut seiner Kundschaft sticht, muss gelingen. Tätowieren ist ein anspruchsvolles Kunsthandwerk.
Cooler Beitrag. Man merkt, dass es ein seriöses Tattoo Studio ist. Dann lieber länger nach einem geeigneten Tätowierer suchen, als hinter ein Tattoo entfernen zu müssen.
Ich möchte gerne die Adresse von Manuel Wiedmer. Vielen Dank im Voraus.