Es gab eine Zeit, lange ist es her, da waren Wettkämpfe für mich wichtig. Korbball, Schlagball, Völkerball , Federball und ein wenig Tennis. «Wie aufregend», werden die heutigen Jungen müde lächelnd sagen. Damals fand ich es schliesslich auch lächerlich, wenn sich mein Vater beim Anhören von Fussball am Radio so sehr aufregte, dass er grobe, ungewohnte Schimpfwörter gebrauchte – er, der Sportmuffel, der selbst zu jedem kleinen Spaziergang gezwungen werden musste!
Heute locken ganz andere Sportarten und Abenteuer. Wobei die Siegerpreise für Höchstleistungen natürlich auch viel verlockender sind. Je höher der saftige Apfel am Baum hängt, desto grösser die Verlockung, ihn herunterzuholen. Es ist nicht nur das Risiko, das viele anlockt, sondern auch Ruhm, Ehre und Geld.
Es gibt immer neue Spielarten, gefährlichere, höher dotierte, verlockendere. Gerade jetzt, während der Olympiade, sind alle Medien voll davon. Grenzen überwinden, Titel holen, trotz aller Widerstände oder gar Behinderungen – wie ein Fieber greift diese Leidenschaft, Risiken einzugehen, um sich. Doch Erfolg kann man nicht planen!
Ich stehe am Bahnhof – vor mir das gewaltige, an Föhntagen besonders beeindruckende Panorama von Eiger, Mönch, Jungfrau. Seit ich mich erinnern kann, war Bezwingen hoher Gipfel eine besonders verlockende Leidenschaft vieler Menschen. Ich kann sie sogar ein wenig nachempfinden: Welch herrliches, erhabenes Gefühl muss es doch sein, nach dem Aufbringen höchster körperlicher Kräfte dort oben zu stehen und wie ein König über die Gipfel, Hügel, Wälder und Landschaften dort unten zu blicken! Da hat man wohl nicht nur Gefahr und Angst – sondern sich selber überwunden. Mit dem Schicksal gespielt – und gewonnen!
Wen wundert es da, dass der Preis solcher Risiken immer weiter geschraubt wird? Wenn auf das Besteigen das Überfliegen mit Schirm oder im freien Fall folgt? Wenn geplant ist, hoch oben eine Plattform zu bauen, damit auch Zuschauer den Kitzel mitfühlen können, der Wagemutige und Tollkühne zum Sprung verlockt?

Eines Tages, frühmorgens, stand er mit angeschnallten Skiern, den Fallschirm am Rücken festgeschnallt, oben am Berg. Er wollte dem Sonnenaufgang entgegen fliegen – sein Freund würde die sanfte Landung im weichen Schnee filmen. Schon beim Aufstieg zu Fuss spürte er das unwiderstehliche Locken des Abenteuers. So weit war er noch nie gegangen! Doch es geht nur einmal zu weit. Wie Ikarus war er der Sonne entgegen geflogen, aber der Schirm hatte sich nicht geöffnet.
Da war Thomas, auf Wunsch seiner Eltern Physiotherapeut geworden. Sie hatten um ihn gebangt. Er sollte beruflich sehen, dass überrissener Wagemut zu Behinderungen vieler Arten, oder sogar zum Tod führen konnte. Aber was konnte ihm schon passieren – er der jung, gesund und stark war – ein geborener Glückspilz! Angst und Gefahr? Unbekannte Worte, dazu da, überwunden zu werden. Ein Sieger, der alles ausprobieren wollte. Jetzt leben. Schliesslich war es sein eigenes Leben – koste es, was es wolle. Die Welt liebt Sieger!
Viele Freunde aus der weiten Welt der Abenteurer nahmen an der Beisetzung teil. Die Stimmung war fast fröhlich und reich an Worten und Musik. «Wir wollen Grenzen überwinden, unser Leben spüren – koste es, was es wolle!»
Gute Geschichte. Passt ins „und“ online.