Nach dem Tod eines Familienmitglieds gehört es immer häufiger zu den Aufgaben der Angehörigen, auch dessen digitalen Nachlass zu regeln. Wir versenden und empfangen täglich E-Mails, bezahlen Rechnungen per E-Banking, synchronisieren Dateien und Fotos mit der Cloud, investieren in digitale Währung oder bleiben mit Freunden und Verwandten über Facebook in Kontakt. Manche betreiben ihre eigene Webseite. Andere schliessen vielleicht Online-Verträge für Netflix, E-Books oder Musik-Streamingdienste ab.

Was sicher ist: Die grosse Mehrheit von uns besitzt mindestens ein Konto, auf das nur digital zugegriffen werden kann. Um den Verlust wichtiger Daten zu vermeiden und Angehörigen die Abwicklung zu vereinfachen, ist eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dem digitalen Erbe sinnvoll.
Gesetzliche Grundlage in der Schweiz
Für den digitalen Nachlass gibt es im Schweizer Erbrecht keine speziellen Regelungen. Wird er also weder im Testament noch im Erbvertrag geregelt, stehen die digitalen Daten nach dem Ableben automatisch den gesetzlichen Erben zu. Dies betrifft jedoch nur Daten, die auf der Festplatte gespeichert sind – also beispielsweise Fotos und Dokumente.
Das Erbe online gespeicherter Daten ist hingegen noch nicht eindeutig geregelt. Das heisst: Solange es keine klare gesetzliche Grundlage zum digitalen Erbe gibt, bestimmen wir selbst, was damit geschieht.

Digitaler Nachlass – Die wichtigsten Schritte im Überblick
1. Erstellung einer Liste aller digitalen Konten:
- E-Mail Konten (Gmail, Outlook, Bluewin, Thunderbird, …)
- Online-Banking (PostFinance, BEKB, AEK, …)
- Soziale Medien (Facebook, Instagram, X, …)
- Streaming-Dienste (Netflix, Disney+, Spotify, …)
- Samsung Konto, Apple ID, Google Konto, Microsoft Konto, …
- Lizenzen (Adobe, Antivirus Programme, Microsoft 365,…)
- Dating-Plattformen inkl. Kündigungsinformationen
- Sonstige Online-Verträge und Abonnemente (z.B. E-Books, Online Magazine, …)
Die Liste dient dem Zweck, dass auf einen Blick erkennbar ist, welche digitalen Konten vorhanden sind. Am besten ist es, jeweils die dazugehörigen Links miteinzutragen (https://www…). Für die Liste sind die Konten am wichtigsten, welche digitales Guthaben enthalten und solche, bei denen kostenpflichtige Abonnements mit automatischer Verlängerung abgeschlossen wurden.
Sammeln der Zugangsinformationen
Die erstellte Liste wird anschliessend mit den entsprechenden Zugangsdaten ergänzt. Nur so können sich Hinterbliebene einloggen, um Konten zu bearbeiten, zu löschen oder weiterzuführen. Die Zugangsdaten (auch Logins genannt) bestehen in der Regel aus einer E-Mail-Adresse und einem Passwort. Ein Passwort-Manager kann dabei hilfreich sein, da er alle Zugangsinformationen zentral speichert und den Zugriff erleichtert. Solche Programme sind sowohl für PC als auch für Smartphones von verschiedenen Anbietern verfügbar. Ein Beispiel für eine solche Liste könnte so aussehen:

Alternativ können die Zugangsdaten auch schriftlich festgehalten und beispielsweise in einem Tresor aufbewahrt werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Speicherung auf einem passwortgeschützten USB-Stick. Auf der Liste sollten zudem PIN-Codes und Passwörter für die Entsperrung von Smartphones, PCs oder Tablets vermerkt sein, damit diese überhaupt genutzt werden können. Änderungen wie ein Passwortwechsel oder die Erstellung eines neuen Kontos sollten zeitnah in die Liste aufgenommen werden, um sie stets aktuell zu halten.
2. Kündigung von Diensten, die nicht benötigt werden
Dienste, Lizenzen und Abonnements, die nicht mehr benötigt werden, können laufend gekündigt werden. Mit dieser Vorarbeit wird der Aufwand reduziert, den die Hinterbliebenen später bei der Abwicklung des digitalen Nachlasses haben.
3. Wer soll die Daten verwalten (wer nicht?) und wie?

Der digitale Nachlass muss nicht direkt im Testament festgehalten werden, sondern kann in einer separaten Verfügung geregelt werden. Wichtig ist, im Testament eine entsprechende Anmerkung zu hinterlegen. Es wird festgelegt, welche Personen Zugriff auf die Zugangsdaten erhalten und was mit dem digitalen Fussabdruck geschehen soll. Plattformen wie Google, Apple und Facebook bieten zudem die Möglichkeit, Nachlasskontakte anzugeben, wodurch die Übergabe unkompliziert und unbürokratisch verläuft. Facebook bietet darüber hinaus die Option, einen Account einer verstorbenen Person in den «Gedenkzustand» zu versetzen. Allerdings gibt es nur wenige Plattformen, die diesen Dienst anbieten – daher ist es sinnvoll, eine Liste mit Zugangsdaten zu erstellen. So können sich Angehörige sicher sein, alle wichtigen Informationen zu haben.
Nützliche Tools und Plattformen
Um diesen Prozess zu vereinfachen, stehen einige nützliche (kostenpflichtige) Tools und Plattformen zur Verfügung:
SecureSafe
SecureSafe ist ein hochsicherer Online-Datenspeicher mit integrierter Datenvererbungsfunktion. Dort können wichtige Dokumente, Passwörter und andere sensible Informationen hinterlegt und festgelegt werden, welche Personen im Todesfall Zugriff darauf erhalten sollen. Der Prozess der Datenvererbung wird durch einen mehrstufigen Sicherheitsmechanismus geschützt. (https://www.securesafe.com/)
Tooyoo
Tooyoo ist eine Schweizer Plattform, die Unterstützung bei der Organisation des gesamten digitalen Nachlasses bietet. Persönliche Daten, Wünsche für die Bestattung, administrative Informationen und digitale Zugänge können dort hinterlegt werden. Im Todesfall erhalten Vertrauenspersonen Zugriff auf diese Informationen, um die Angelegenheiten wie vorgegeben zu regeln. (https://www.tooyoo.ch/de/)
Legacy Notes
LegacyNotes ist eine Schweizer Plattform zur Regelung des digitalen Nachlasses und persönlicher Vorsorgedokumente. Sie ermöglicht das sichere Hinterlegen von Testamenten, Patientenverfügungen, Verträgen und digitalen Konten. Im Todesfall unterstützt ein Assistent die Angehörigen. Die Daten sind verschlüsselt und in einem sicheren Schweizer Rechenzentrum gespeichert. Basisfunktionen sind kostenlos, kostenpflichtige Premium-Optionen sind verfügbar. (https://www.legacynotes.ch)

Tipps für Angehörige
Wurde kein digitaler Nachlass festgelegt, können sich Angehörige zunächst einen Überblick über die Online-Aktivitäten der verstorbenen Person verschaffen. Zuerst kann geprüft werden, ob eine Vertrauensperson Zugangsdaten erhalten hat oder ob ein Passwort-Manager eingerichtet wurde. Falls dies nicht der Fall ist, kann mithilfe eines Erbscheins oder Sterbescheins der Anspruch auf diese Informationen nachgewiesen und so Zugang zu den E-Mail-Konten der verstorbenen Person erlangt werden. Besonders wichtig ist es, laufende kostenpflichtige Abonnements zu identifizieren und fristgerecht zu kündigen.
Man sieht also: Je grösser der digitale Fussabdruck, desto mehr Zeit kann die Vorbereitung in Anspruch nehmen. Wer sich frühzeitig mit dem digitalen Nachlass beschäftigt und die Liste regelmässig aktualisiert, kann die Arbeit in überschaubare Schritte unterteilen – und Angehörigen die Abwicklung des Nachlasses erleichtern.