Palmöl überall drin

Im Schatten von schlanken Palmen mit Blick auf das türkisfarbene Meer träumen wir gern von heiler Welt und denken nicht an mächtige Palmölplantagen – auch nicht an die dafür gerodeten Regenwälder. Palmöl hat einen riesigen Marktanteil. Was steckt dahinter?

Karin Mulder (78), Tanja Mitric (22)

Seit 18 Jahren kämpfen die Bauern von Bajo Aguan im Norden von Honduras um ihr besetztes Land. Jetzt haben zwei Regionalgerichte angeordnet, dass der Palmölkonzern Dinant drei Plantagen räumen und den Bauern das gestohlene Land zurückgeben muss. Der Konzern gehört der einflussreichen Familie von Miguel Facussé, der Kontakte zum Militär und zur Drogenmafia haben soll. 1994 ließ er 700 Familien von ihrem Land vertreiben, um Palmöl-Plantagen für den Export von Agrosprit und Speiseöl anzulegen. Als die Bauern sich organisierten, versuchte Dinant, sie mit brutaler Gewalt zum Schweigen zu bringen. Mehr als 50 Menschen sind in der Region bisher ermordet worden; mindestens 19 Morde werden nach honduranischen Medienberichten Facussé angelastet.

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Illustration: Walter Winkler/Manuel Meister

Die Hauptabnehmer für Palmöl finden wir in Europa und Asien. Vor allem in China und Indien nahm die Nutzung als Lebensmittel stark zu. Indonesien hat seine Produktion seit 2003 um 66 Prozent gesteigert, dort und in Malaysia haben sich die Anbauflächen seit 1990 verzehnfacht. Der Weltmarktanteil Indonesiens liegt bei 44 Prozent, Malaysia folgt mit 43 Prozent, Thailand und Nigeria, wie auch Kolumbien produzieren nur wenige Prozent.

In jedem zweiten Produkt

Trotz der negativen Auswirkungen, die der Anbau von Palmöl und die damit verbundenen Rodungen der Regenwälder auf Mensch und Umwelt haben, ist dieser Rohstoff dank seiner Eigenschaften einer der beliebtesten in der Lebensmittel- und Hygieneindustrie. Mit 60 Millionen Tonnen pro Jahr ist es auch das meistverwendete Pflanzenfett, wobei sich der Verbrauch in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt hat. Allein in Deutschland werden laut Schätzungen des WWF 1.8 Millionen Tonnen pro Jahr verarbeitet, was dazu führt, dass etwa jedes zweite Supermarktprodukt Palmöl enthält. Dank seiner hohen Schmelztemperatur wird Palmöl nicht so schnell ranzig wie andere Öle und hat bei Zimmertemperatur eine cremige Konsistenz, muss also nicht gehärtet werden. Somit eignet es sich sehr gut zur Verarbeitung in Fertigprodukten wie Tiefkühlpizzen, in Schokolade und anderen Süsswaren, in Backwaren oder Margarine. Palmkernöl hingegen wird vor allem in der chemischen Industrie verwendet und ist Bestandteil zahlreicher Reinigungsmittel und Kosmetika wie Shampoo, Lippenstift und Hautcrème, aber auch Putz- und Waschmittel, Kerzen, Farben und Lacke.

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Palmöl – in vielen Produkten drin! – Bild: Walter Winkler

Zudem wird der beliebte Rohstoff auch als Treibstoff verwendet, indem er Diesel beigemischt wird. Das Ziel dabei ist, den Anteil an fossilen Brennstoffen zu verringern und Ressourcen zu schonen sowie die CO2-Emissionen zu senken. So hat sich in der EU die Verwendung von Palmöl in Biotreibstoffen von 2010 bis 2014 versiebenfacht (Schätzungen des europäischen Pflanzenölverbandes). Allerdings sind die positiven Auswirkungen auf die Umwelt deutlich kleiner, als man meinen könnte, da dieses Vorgehen den Anbau von Palmöl erheblich fördert und so trotzdem schädliches CO2 ausgestossen wird.

Keine Alternativen in Sicht

Alternativen sind rar, denn um Raps-, Soja- oder Kokosöl herzustellen werden deutlich grössere Anbauflächen benötigt, da diese Pflanzen nicht so ergiebig sind wie die Palme. So können pro Hektar 3.3 Tonnen Palmöl geerntet werden, während andere Pflanzen rund 0.7 Tonnen hergeben. Palmöl ist wegen seiner Ergiebigkeit und seinen Eigenschaften deshalb auch deutlich günstiger als andere Pflanzenöle.
Es gibt einige Organisationen, welche sich dem nachhaltigen Anbau von Palmen verschrieben haben. So zertifiziert die grösste von ihnen, der  «Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO)» – ein Zusammenschluss aus diversen Unternehmen und NGOs – anhand bestimmter Kriterien nachhaltiges Palmöl. Die Firmen wollen dabei sicherstellen, dass ihr bezogenes Palmöl aus nachhaltigen Quellen stammt. Allerdings herrschen bei diesen Prüfungen Minimalstandards und so ist zum Beispiel der Anbau auf Torfböden weiterhin erlaubt und lediglich auf «besonders schützenswerten Böden» verboten. Auch der Einsatz hochgefährlicher Pestizide wird nicht geahndet und es gibt immer noch einige Unternehmen, die illegal Wälder roden und Auflagen umgehen. Behält man dies vor Augen, ist es auch nicht zufriedenstellend, dass bereits ein Fünftel des Palmöls zertifiziert ist. Während bei der bestehenden Situation keine deutliche Besserung in Sicht ist, forscht die Industrie an Alternativen zu Palmöl. So wird beispielsweise versucht, Spülmittel ausschliesslich mit europäischen Ölen herzustellen.
Dem Konsumenten bleibt also nur, sich Alternativen zu Produkten mit Palmöl zu suchen. Immerhin müssen Hersteller in der Europäischen Union seit einigen Jahren angeben, wenn es sich bei einem Pflanzenfett um Palmöl handelt. Zudem kann der Verbrauch verringert werden, wenn weniger Fertiggerichte gekauft werden, also mehr frisch gekocht wird.


Fakten zu Palmöl

Palmöl wird aus dem Fruchtfleisch der Palmfrüchte gepresst. Der hohe Carotingehalt macht das Öl orangerot, dann wird es raffiniert und hat ein klare, helle Farbe, frisch auch einen Geruch nach Veilchen.

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Palmöl wird aus dem Fruchtfleisch der Palmfrüchte gepresst. – Bild: Wikimedia/CC0

Palmöl enthält verschiedene gebundene Fettsäuren. Gutes Öl enthält weniger als 3 Prozent Säure. Palmkernöl wird aus den getrockneten Kernen gepresst und enthält bis zu 80 Prozent gesättigte Laurin-Fettsäuren. Es ist bei Raumtemperatur fest, der Schmelzbereich ist zwischen 23 und 30 Grad, bei Körpertemperatur schmilzt es mit einem angenehmen Kühleffekt. Daher wird es in vielen Kakaoglasuren, in Schokolade und Eiscreme und bei vielen Süsswaren gern verwendet. Als nachwachsender Rohstoff werden beide Öle zu 68 Prozent in Nahrungsmitteln, 27 Prozent für Reinigungsmittel und Kosmetik und 5 Prozent zur Energiegewinnung verwendet. Die wichtigsten Produktionsorte sind Malaysia und Indonesien. Die Anbauflächen haben sich seit dem Jahr 1990 verzehnfacht. kmu/tmi


Mit Freundschaften gegen die Palmöl-Katastrophe

Kommentar von Karin Mulder (78)

Karin Mulder
Karin Mulder. – Bild: Manuel Meister

Als ich noch zur Schule ging – etwa so um 1950 herum – gab es bei uns zum Kindergeburtstag einen «schwarzen Peter». Hier nennt man das «Kalter Hund».
Das ist ein Kuchen, der aus Palmin (Palmfett), Schokolade und Butterkeksen hergestellt wird. Wir liebten ihn und assen diese Kalorienbombe mit grossem Vergnügen. Heute erst wird mir bewusst, dass wir schon damals Palmöl brauchten. Heute wird das Rezept stattdessen oft mit Butter gemacht, allerdings braucht man auch  Schokoladenglasur, die wiederum enthält Palmöl.
Im Herbst 2016 gab es ein Filmfestival in der ganzen Schweiz, genannt «Filme für die Erde», wobei Filme für Schulen gezeigt wurden. Mich hat ein Film ganz besonders berührt: «Rise of the Eco-Warriors». Dort zeigt man uns, wie in Indonesien riesige Bulldozzer auffahren, um für den Anbau von Palmölplantagen den Regenwald abzuholzen.

Die meisten indonesischen Bauern können sich nicht dagegen wehren und sehen gezwungenermassen dieser ökologischen Katastrophe zu. Dadurch, dass man die Bäume rodet, werden auch die Tiere vertrieben, hauptsächlich die Affen werden dezimiert. Umweltaktivisten, junge Menschen aus Europa, Grossbritannien, Kanada und den USA haben sich zusammengeschlossen, um den Handelsgesellschaften entgegenzutreten. Sie, die Eco-Warriors,  versuchen den Regenwald und seine Tiere zu schützen, stellen sich vor die Maschinen, protestieren. Sie bezahlen ihre Flugtickets selbst und leben während Wochen auf einfachste Weise, um ihre Aktionen mit Nachdruck durchzuführen. Dadurch entstehen auch Freundschaften, die später international zu wirken versuchen.


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Der Schwerpunkt im Frühling17 «Baum» dreht sich nicht nur um den Baum an sich. Wir thematisieren die Arbeit mit Holz, den Wald als Lebensraum, die Ökologie, den familiären Stammbaum und auch über ganz persönliche Beziehungen zu Bäumen. Auf die Äste, fertig, los!

Mehr zum Schwerpuntk Baum. – Bild: Walter Winkler
Mehr zum Schwerpuntk Baum. – Bild: Walter Winkler