Freundschaft auf der Probe

Im April 2017 unternahm unsere Autorin mit ihrer besten Freundin eine Reise nach Island. Als sie diese Reise planten, ahnten sie noch nicht, was für ein Abenteuer dieser Trip bieten und was er für ihre Freundschaft bedeuten würde.

Alena Bucher und ihre Freundin Jordana.- Bild: Privat

Der Wecker klingelt. Mit einem Blick auf mein Telefon stelle ich fest: 4:30 Uhr. Neben mir grummelt es. Jordana, meine beste Freundin, ist wohl auch aufgewacht. Am liebsten würden wir uns beide noch einmal auf die andere Seite wälzen, doch heute haben wir grosse Pläne. Heute geht es nach Island!

Gestern Abend spät sind wir mit dem Zug nach Genf gereist und haben in der Nähe des Flughafens in einem Hotel übernachtet. Weil unser Flug bereits früh startet, stehen wir jetzt schon auf. Obwohl ich alles andere als ein Morgenmensch bin, hüpfe ich motiviert auf dem Bett herum. «Jordanaaaa, heute gehen wir nach Island!»

Schlafmangel

Kurze Zeit später sind wir schon am Flughafen. Die Gepäckaufgabe und die Sicherheitskontrolle laufen wie am Schnürchen. Unser Flug startet um 7:00 Uhr, wir sind also noch etwas zu früh bei unserem Gate. Als es dann endlich soweit ist, tritt ein Problem auf: Der doofe Automat will unsere Tickets nicht nehmen. Mein Französisch ist nicht schlecht, trotzdem verstehe ich im ersten Moment nicht, was die aufgebrachten Angestellten des Flughafens diskutieren. Schliesslich doch: «Euer Ticket ist nicht für diesen Flug gültig, euer Flug startet erst heute Abend um 17:00 Uhr.» Ich protestiere, das könne überhaupt nicht sein, wir hätten mit Sicherheit diesen Flug gebucht. Doch das Personal klärt uns auf, der Flug sei von unserer Fluggesellschaft umgebucht worden wegen Doppelbelegungen. Darüber informiert wurden wir aber nicht. Genervt und enttäuscht müssen wir wohl oder übel dem Flugzeug nachsehen, das ohne uns abhebt. Ich bin frustriert. Ich weine und rufe meine Eltern an um ihnen zu erzählen, was passiert ist. Niemand – auch nicht Jordana – kann mich beruhigen.

Über zehn Stunden müssen wir uns am Flughafen um die Ohren schlagen. Wir sehen uns auf meinem Laptop Filme an, hören Musik und erkunden den Flughafen. Wirklich Spass macht es aber nicht. Dazu kommt unser Schlafmangel, viel mehr als drei Stunden haben wir nicht geschlafen. Am Abend, bei unserem Flugzeug angekommen, dürfen wir gleich einsteigen. Endlich! Als ich mich hinsetzen will, stelle ich jedoch fest, dass meine Sitzplatznummer gar nicht existiert. Frustriert darüber beschwere ich mich beim Personal. Es teilt mir einen anderen Platz zu. Ich bin erleichtert. Fast hatte ich Angst, wir könnten wieder nicht fliegen. Wir lehnen uns zurück. Nächster Stopp Düsseldorf. Wir hatten einen angenehmen Flug, hundemüde landen wir und sind froh, als wir ein «Starbucks» sehen. Das ist jetzt genau das, was wir brauchen. Wir haben einige Stunden Aufenthalt.

Eine Lautsprecher-Durchsage unterbricht unsere Gespräche.

«Der Flug nach Keflavik, Island, fällt aus. Bitte begeben Sie sich zum Infodesk». Wie bitte? Haben wir uns  gerade verhört? Ungläubig tauschen Jordana und ich Blicke aus. Wir laufen zum Infodesk und fragen nach, was die Ursache für den Flugausfall sei und wie es weiter gehe. Fest steht, wir übernachten heute in Düsseldorf, der nächste Flug geht erst am nächsten Tag, Zeit unklar. Der Flug fällt übrigens aus, weil keine Maschine zur Verfügung steht. Mit den Nerven am Ende, fange ich an zu weinen. So hatte ich mir unsere Reise nicht vorgestellt.

Verzaubert! Alena Bucher (links) mit ihrer Freundin Jordana in Island vor einem Wasserfall. – Bild: Privat

Nach einer Nacht im Hotel und weiteren Problemen stehen wir am Morgen wieder am Flughafen. Unser Flug geht um 10:00 Uhr. Die Stimmung ist eher trüb. Jordana und ich haben beide schlechte Laune. Wir zicken uns an. Normalerweise sind wir ein Herz und eine Seele. Heute nicht.

Land in Sicht

Mit erneuter Verspätung treffen wir schliesslich in Island ein. Unsere Stimmung steigt, als wir unsere Koffer entgegennehmen und aus dem Fenster schauen. Draussen herrscht ein starker Sturm, doch dieser bringt uns nicht so schnell aus der Fassung. Wir finden einen Bus, der bei diesem Wetter fährt, und finden so den Weg nach Reykjavik. Fasziniert beobachten wir, wie die isländische Gegend, die moosbewachsenen Weiten an uns vorbeiziehen.

Der Busfahrer ist so lieb und fährt uns sogar bis vor die Türe unserer Unterkunft. Die Woche verläuft weiterhin chaotisch. Regelmässig stossen Jordana und ich an unsere Grenzen, aber immer wendet sich eine Situation zum Positiven. Es gibt einige Situationen, in denen wir uns in den Haaren liegen. Doch immer ist jemand da, der uns aus einer Zwickmühle hilft. Bereits am ersten Tag, als wir unser Auto abholen wollen, stellen wir fest, dass der Weg viel zu lang ist und zu Fuss nicht zu bewältigen. Wir beten um eine Lösung und tatsächlich, eine Frau nimmt uns in ihrem Auto mit. Auf dem Rückweg verirren wir uns bei eisigen Temperaturen – Wind, Schnee und Hagel. Beide haben wir Angst und sind mit der Situation überfordert, doch auch diese meistern wir gemeinsam. Viele tolle Augenblicke können wir aber auch teilen. Wir erkunden einen schwarzen Strand, begeben uns aufs Meer, um Wale zu suchen und baden in der «Blue Lagoon». Bei einer Tour besichtigen wir atemberaubende Wasserfälle. Island verzaubert uns. Jeden Abend fallen wir todmüde, doch mit neuen, lustigen Geschichten ins Bett. Kein Tag verläuft ohne Panne.

Gemeinsam durch die Krise

Die Woche vergeht schnell. Als sie zu Ende ist, müssen wir zugeben, dass wir beide erleichtert sind, in die liebe Schweiz zurück zu reisen.

Eines ist jedoch klar: Aus Island nehmen wir viel mit. Damit meine ich nicht Souvenirs, sondern Erinnerungen, gute und schlechte. Für mich war diese Reise eine Freundschaftsprobe, die wir beide bestanden haben. Immer wieder erinnern wir uns gerne daran zurück. Fakt ist, wir kennen uns jetzt besser und unsere Freundschaft ist noch enger geworden. Gemeinsam überstehen wir jede Krise. ☐