Im Rausch der Opale

Nicht das Gold allein hat «Räusche» ausgelöst – auch edle Steine waren dazu imstande. Erinnerungen einer erfahrenen Reisenden – aus einem fernen Land.

Namensvetter: Der Ayers Rock. – Bild: Wikimedia

Meine Tochter und ich – damals beide mit Namen Ayer – waren vor langer Zeit auf einer Camper-Rundreise durch Australien – ein abenteuerliches Land. Nun wollten wir noch ins Landesinnere zum Ayers Rock, diesen Monolithen besteigen, nahmen aber für die endlose Fahrt von Adelaïde aus einen Greyhound-Bus.

Erster Halt: Coober Pedy, die unterirdische Stadt im Nirgendwo. Bekannt wurde sie Ende des 19. Jahrhunderts durch Funde von Opalen, die dann einen echten Rausch auslösten. Wir hatten uns informiert, wussten von Tagestemperaturen von fast 50° Celsius, hatten für eine Nacht im unterirdischen Motel ein Zimmer gebucht. Das war ungewohnt: In rote Felswände sind tiefe Höhlen geschlagen, sie sind angenehm kühl, haben Licht und Wasser. Oben endlose, trockene Landschaft ohne einen Baum, eine Wellblech-Hütte da und dort.

Das Land der Opal-Sucher

Nach einer erträglichen Nacht fuhren wir am nächsten Tag mit «Joe’s Tours» im Geländeauto  zu den Opalfeldern. «See the most interesting places and sights in our unique town.» Das wurde ein kleines Abenteuer für uns! Welch eigenartige Landschaft!

Die Opalfelder erinnern an eine Mondlandschaft. – Bild: Wikimedia

Ich meinte auf dem Mond zu sein: heller Sand mit vielen kegelförmigen, zwei bis drei Meter hohen Sandhaufen, daneben ein Loch, der Schacht, der in die Tiefe zu den Opaladern führt, manchmal bis zu 40 Meter tief.

Wer kennt sie nicht, diese wunderschön schillernden Steine mit roten, gelben, blauen oder grünen Reflexen; sie faszinieren, die hellen oder dunklen Opale. Für Geologen sind sie nur eine amorphe, wasserhaltige Kieselsäure, das Schillern entsteht durch Lichtbrechung von eingelagerten Lamellen.

Wunderschön schillernde Steine. – Bild: Mariëlle Schlunegger

Als die ersten Opale in der abgelegenen heissen Wüste Südaustraliens, Hunderte von Kilometern vom nächsten Ort entfernt, gefunden wurden, löste das schon bald einen Opalrausch aus – ähnlich dem Gold-rausch in Alaska.

Noch heute stammen etwa 75 Prozent aller Opale aus Coober Pedy; sie werden von über 500 Opalsucher – man nennt sie auch die «Maulwürfe des Glücks» – aus mehr als 36 Ländern in mühsamster Arbeit unter Tage geschürft.

Schmuckstücke aus der Ferne. – Bild: Mariëlle Schlunegger

Ehemals  gab es auf einem Polizeiposten ein «Precious Stones Prospecting Permit (Miners right)» – eine Erlaubnis zur Suche nach Edelsteinen – für 27 australische Dollar im Jahr. Dann durfte man sich auf dem 525 Quadratkilometer grossen Gelände einen 50 Quadratmeter grossen «Claim» abstecken und dort nach Opalen graben, mindestens 26 Stunden pro Woche, sonst wurde das Permit wieder eingezogen.

Alle hier abgebildeten Opale aus der Sammlung von Bijoutier Willy Engel, Thun. – Bild: Mariëlle Schlunegger

Meist liegen die Adern in mindestens 20 Metern Tiefe.  Mit Hacken und Schaufeln und einfachen Hebelwinden arbeiteten sich die Opalsucher hinunter. Heute allerdings sind Bergbaukompanien mit dieselbetriebenen Bohrmaschinen und Förderbändern im Einsatz, zerstören aber auch Adern und Opale.

Und – habt ihr was gefunden?

Gefundene Steine versteckten die Sucher in ihren Höhlenbehausungen in Flaschen, Milchkannen oder Pfannen; es gab keine Bank in der Nähe, man konnte nur an Händler verkaufen. Natürlich tauchten schnell Halunken und kriminelle Banden auf, die sich durch Diebstahl bereicherten.

Unser Guide Joe erklärte uns, dass eine akute Gefahr besteht, in einen der alten Schächte zu stürzen, die manchmal mit Dreck zugedeckt sind. Unmöglich wieder hinaufzukommen, es hat schon Todesfälle gegeben. Uns war «noodling» erlaubt, das heisst, wir durften auf die Auswurfhügel klettern und dort in dem Aushub nach einem Opal suchen. Das löste trotz der Hitze und dem heissen, sandigen Wind einen Opalrausch in uns aus… leider ohne Erfolg. Immerhin, Glücksfälle kommen vor.

Um die Tour attraktiver zu gestalten, führte uns der Guide zu einem Einsiedler – Crocodile Harry –,  der in einem Felsen in mehreren Höhlen sein Zuhause hatte, mit eigenen Felsmalereien bunt dekoriert. Dort drinnen war die Temperatur auch erträglich. Crocodile Harry habe unzählige Krokodile getötet – auch gegessen; er habe nie wertvolle Opale gefunden. Er lebte dort allein seit vielen Jahren, hatte aber gern und oft Frauenbesuch. Woher bekam er wohl sein Wasser?

Es gibt unterirdisch etliche «Häuser», die zum Teil von Opalsuchern gemietet werden, mehrere einfache Hotels, Läden, eine Pottery (Töpferei), ein Hospital, sogar eine Catacomb church, die dortige Kirche und einen Opalshop. Dort wurden wir dann fündig. Trotzdem waren wir froh, dass wir in der folgenden Nacht, wie abgemacht, einen  Greyhound–Bus  besteigen und diesen abenteuerlichen, unheimlichen Ort verlassen konnten. Ein Blech schepperte in der Nähe der Bushaltestelle, kein Licht ausser dem Mond, eine Ratte lief über den Schotterweg.

Und dann bestiegen wir den Ayers Rock, doch das ist eine andere Geschichte.