Soziale Siedlungsentwicklung im Limmattal – ein Beispiel auch für Thun?

Soziale Siedlungsentwicklung im Limmattal – ein Beispiel auch für Thun?

Thun wächst und wandelt sich – neue Wohngebiete entstehen, bestehende Siedlungen werden erweitert, Quartiere verändern sich. In diesem Wandel standen lange Fragen zur baulichen Verdichtung und nach preisgünstigem Wohnraum im Vordergrund. Zunehmend jedoch rückt eine weitere Frage in den Fokus: Wie lässt sich Wohnraum gestalten, der nicht einfach nur Häuser und Wohnungen bietet, sondern einen Lebensraum, in dem Nachbarschaft, Identität und soziale Teilhabe gedeihen können? Ein Besuch im Limmattal liefert mögliche Antworten.

Die Teilnehmer:innen der Podiumsdiskussion (v.l.n.r.): Katharina Barandun (Siedlungscoachin), Barbara Emmenegger (Stadtsoziologin), Roman Dellsperger (Moderation), Markus Bärtschiger (Stadtpräsident Schlieren), Mirjam Niemeyer (ZHAW Architektur), Alexander Büchel (Portfoliomanager Pensimo).
Bild: Tom Ammann

Unter dem Titel «Zukunft Wohnen – Soziale Siedlungsentwicklung im wachsenden Limmattal» (Flyer) fand am 10. September 2025 in Dietikon eine Quartierbegehung mit anschliessendem Podiumsgespräch statt, organisiert von der Regionale 2025 und von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Im Zentrum des Anlasses stand die Frage, wie Kommunen, Planende, Wohnbauträger, Bewohnende und weitere Akteure der Quartier- und Wohnraumentwicklung gemeinsam eine sozial nachhaltige Gesamtentwicklung sicherstellen können. Die Antworten lassen sich auch auf andere Städte anwenden, zum Beispiel auf Thun.

Soziale Nachhaltigkeit bedeutet, Lebensbedingungen in Städten, Quartieren und Siedlungen so zu gestalten, dass Gemeinschaft, Teilhabe, Chancengleichheit und Lebensqualität langfristig gesichert sind.

Kernaussagen & Erkenntnisse

Aus dem Limmattaler Anlass lassen sich die folgenden Kernaussagen und Erkenntnisse ableiten:

  • Soziale Nachhaltigkeit muss von Beginn an mitgeplant werden – nicht als Anhängsel, sondern als integraler Bestandteil von Planung, Architektur, Umsetzung und  Bewirtschaftung.
  • Planende und Gemeinden stehen vor der Aufgabe, nicht nur Wohnraum zu bauen, sondern auch soziale Nachhaltigkeit mitzudenken: Begegnung, Teilhabe, Identität, Integration.
  • Es braucht in die Planung, Entwicklung und Umsetzung eingebettete, partizipative Prozesse: Besichtigung von Vorreiter-Projekten, Gespräche mit Bewohner:innen, Experimente und Reflexionen – damit Lösungen nicht «von oben» diktiert, sondern von allen Betroffenen und Beteiligten mitgetragen werden.

Massnahmen zur Förderung sozialer Nachhaltigkeit

Mit welchen konkreten Massnahmen lässt sich nun die soziale Nachhaltigkeit in städtischen Siedlungen fördern? Die Expertinnen und Experten der Podiumsdiskussion hoben vor allem die folgenden Möglichkeiten hervor:

  1. Frühe und konsequente Einbindung der betroffenen Menschen in Planungs- und Entwicklungsprozesse (Partizipation)
  2. Einsatz von Siedlungscoaches zur Moderation partizipativer Prozesse, zur Konfliktlösung und Förderung der Selbstorganisation in Nachbarschaften
  3. Begegnungsräume innen und aussen (Gemeinschaftsräume, Werkstätten, Gärten, Spielplätze, Plätze für zufällige Begegnungen)
  4. Bezahlbarer und vielfältiger Wohnraum, um soziale Durchmischung und langfristige Wohnsicherheit zu ermöglichen (Schutz vor Verdrängung und untragbaren Mietsteigerungen)
  5. Einbindung von Sozialraum-Expert:innen in städtebauliche und wohnbauliche Planungen, nicht nur Architekt:innen
  6. Langfristige Begleitung und Governance: Gemeinnützige und renditeorientierte Wohnbauträger, Investoren und Verwaltungen sollen soziale Nachhaltigkeit strategisch und im Geschäftsalltag verankern
  7. Erhalt und Weiterentwicklung von Bestandesgebäuden, anstatt nur auf Neubau zu setzen – um preisgünstigen Wohnraum und gewachsene soziale Netze zu bewahren
  8. Kulturelle und integrative Angebote (Feste, Kunst-, Musik- oder Theaterprojekte, mehrsprachige Informationen) zur Förderung von Identität und Gemeinschaft

Fazit und Handlungsbedarf

Die Veranstaltung hat gezeigt: Wenn im Limmattal und vergleichbaren Regionen soziale Nachhaltigkeit gelingt, dann durch ganzheitliches Denken, Kooperation zwischen den Akteuren und verbindliche Umsetzung sozialer Massnahmen. Handlungsbedarf besteht vor allem darin, dass die Entscheidungsträger:innen sich dem Thema soziale Nachhaltigkeit zunehmend bewusst werden, dass sie Ressourcen dafür bereitstellen, dass Regelwerke zur verbindlichen Umsetzung obiger Massnahmen geschaffen werden und dass Erfahrungen systematisch dokumentiert und weitergeben werden, damit gute Praxis multipliziert werden kann.

Die Regionale 2025 unterstützt und präsentiert Projekte in den Bereichen Freiraum, Zusammenleben und Erneuerung, die das Limmattal für die Zukunft rüsten. Träger der Regionale 2025 ist der Verein «Regionale Projektschau Limmattal», der von den beiden Kantonen Aargau und Zürich sowie von 16 Gemeinden und Städten im Limmattal getragen wird.

0.0 starsyıldızSterneétoilesestrellas (0)
Abonnieren
Benachrichtigen bei
guest

0 Kommentare
Älteste
Neueste Meistbewertet
Inline-Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen