Welche Medien-Heimat wollen wir?

Welche Medien-Heimat wollen wir?

Ist das zukünftige digitale Magazin «Republik» die Rettung des Journalismus? Oder bloß viel Lärm um nichts? Ein Generationentandem besuchte ein Podium im Stapferhaus in Lenzburg zum Thema und tauschte sich über Bullshit-Journalismus, sinkende Werbeeinnahmen und über den eigenen Medienkonsum aus.

Zoé (17) und Marianne Senn (64)

Republik-Mitgründer Constantin Seibt diskutierte auf dem Podium im Stapferhaus mit dem Verleger Peter Wanner. Moderiert wurde der Abend von Sibylle Lichtensteiger. – Bild: Rolf Kromer/Stapferhaus Lenzburg

 

Zoé: Soeben wurde das digitale Magazin «Republik» gegründet. Ein Magazin, das hauptsächlich durch die LeserInnen finanziert werden soll. Ein Magazin, das für Presse- und Meinungsfreiheit steht – ein Magazin, das grosse Themen aufrichtig, ohne Schnörkel, aber mit großem Herzen an die LeserInnen bringen will.
Passend dazu besuchten wir ein Podium des Stapferhaus in Lenzburg zur Frage: «Haben Medien eine ‚Heimat‘ und was bedeuten sie für unser Land». Auf dem Podium standen Constantin Seibt und Peter Wanner.

Wenn im Internet alles gratis ist, sehe ich schwarz.

Seibt, ein begnadeter Journalist und einer der Gründer des neuen Medienprojekts «Republik», will den Journalismus neu erfinden. «Die «Republik» ist eine kleine Rebellion. Für den Journalismus. Und gegen die Medienkonzerne», sagt er.

Wanner dagegen, Verleger der AZ Medien und somit Chef eines grossen Medienkonzerns, will den althergebrachten Journalismus – inklusive Print und mit durch Werbung generierten Geldern – am Leben erhalten. Er sagt: «Wenn im Internet alles gratis ist, sehe ich schwarz.» Seibt und Wanner – zwei Menschen mit verschiedenen Ansichten, die schlussendlich aber ein- und dasselbe Ziel verfolgen: Dem Journalismus eine Zukunft zu geben.

Die «Republik» soll ein unabhängiges, digitales Magazin werden, mit dem Ziel, bei großen Themen, Fragen und Debatten Klarheit und Überblick zu verschaffen. Ein Magazin, das leserfinanziert und ohne Werbeeinnahmen funktionieren soll. «Der größte Feind des freien Journalismus ist die ökonomische Situation: Man verkauft Nachrichten an die Leser, und die Leser an die Werbung. Indem die «Republik» aber ausschließlich lesermarktfinanziert ist, können wir endlich Journalismus ohne Bullshit machen», so Seibt.

Wir benötigen eine Medienvielfalt als Grundlage für eine fundierte Meinungsbildung.

«Der Lesermarkt garantiert vielleicht freien-, jedoch noch lange nicht guten Journalismus», erwidert Wanner. Hat dieses neue journalistische Medium also eine Zukunft? Oder hat es neben den traditionellen Medien keine Chance zu überleben? Um das Projekt zu starten, wurden 3000 Abonnentinnen und Abonnenten, sowie 750 000 Franken benötigt. Dieses Ziel wurde bereits am ersten Tag des Crowdfundings nach 7 Stunden und 49 Minuten erreicht. Aber damit noch nicht genug: Die Zahl der AbonnentInnen steigt von Stunde zu Stunde. Mit dem neuen Ziel von 12 000 AbonnentInnen läuft das Crowdfunding noch bis am 31. Mai weiter.
Hast Du, Marianne, die «Republik» schon vor ihrem Erscheinen abonniert? Und wenn ja, was hat Dich persönlich überzeugt?

Sandra Meier, Blanca Thurian, Anna Luterbacher, Marianne Senn, Tanja Mitric. – Bild: Elias Rüegsegger
Marianne Senn. – Bild: Elias Rüegsegger

Marianne Senn: Ja, ich habe die «Republik» abonniert. Ich habe einen Zeitungsartikel über Constatin Seibt und seine Ideen gelesen – das hat mich überzeugt. Wir benötigen eine Medienvielfalt als Grundlage für eine fundierte Meinungsbildung. Ich habe auch noch zwei Zeitungen, das Thuner Tagblatt und die NZZ, abonniert und schätze die Arbeit des Schweizer Radios und Fernsehens.

Wesentlich scheint mir, dass die JournalistInnen unabhängig sind und verschiedene Standpunkte und Meinungen publiziert werden. Gerne bilde ich mir selbst eine eigene Meinung. Ernste und seriöse Analysen sind für mich ausschlaggebend. Nur mit guten und relevanten Informationen fällt man gute Entscheidungen.

Das Podium im Stapferhaus. - Bild: Rolf Kromer/ Stapferhaus Lenzburg
Das Podium im Stapferhaus. – Bild: Rolf Kromer/ Stapferhaus Lenzburg

Somit ist guter Journalismus ein Grundpfeiler der Demokratie. Die «Republik» ist rein leserfinanziert und die Aktionäre haben keinen Einfluss auf den Inhalt. Da die «Republik» online publiziert wird, fallen die Kosten für Papier, Druck und Versand weg. Alle finanziellen Mittel können für guten Journalismus eingesetzt werden.

Die Zeitungen leiden heute unter sinkenden Werbeeinnahmen, welche ins Internet abwandern. Google und Facebook machen das grosse Geschäft mit Werbung und bezahlen keine Steuern. Die Medienvielfalt finde ich wesentlich. Die Entwicklung in den USA sind für mich ein Warnsignal. Die Medien sind dort grösstenteils in den Händen von ein paar Milliardären, welche TV, Zeitungen und Radio beherrschen und damit ihre politischen Ziele ungehindert mittels Beeinflussung verfolgen. Das Kapital gepaart mit der Medienmacht bestimmt somit auch die Politik. Eine den Machthabenden genehme (Schein-)Wirklichkeit wird erschaffen und erlaubt nur einen Blickwinkel. Ich wünsche mir politisch unabhängige Informationen.

Welche Medien Ziele sind für Dich wesentlich, Zoé?

Zoé: Die freie Presse ist für mich sehr wichtig. Wie wichtig, erkennt man, wenn man einen Blick auf die Gesellschaften und Staaten wirft, die unfrei sind und damit auch keine freie Presse haben.

Und Qualitätsjournalismus ist gefragt. Denn Google und Facebook machen das große Geschäft nicht mit den Inhalten, sondern mit der Verbreitung von ebendiesen.

«Schlechter Journalismus», so Seibt auf dem Podium, «ist, wenn unabhängig vom Thema immer derselbe Einheitsbrei herauskommt: schnell, laut, leicht verdaulich.»

fdh
Was ist guter Journalismus? – Bild: Rolf Kromer/Stapferhaus Lenzburg

Was also macht guten Journalismus aus? Ich weiß es nicht, dafür fehlt mir die Erfahrung. Ich denke jedoch, dass Mut, Aufrichtigkeit und ein bisschen Unverschämtheit – wie dies die «Republik» anstreben will, wichtige Komponenten sind. Ebenso wie Leidenschaft, Können und Ernsthaftigkeit.

Was ich ebenfalls für wichtig erachte, ist das Vertrauen in ein Medium. Die «Republik» bietet dieses Vertrauen, indem sie den LeserInnen Einblick in alle wichtigen Entscheide der Redaktion gewährt. Darum sehe ich in der «Republik» grosses Potenzial und bin gespannt zu hören, wie sich das Projekt entwickelt.

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