
Pétanque spielen lernen mit Walter Winkler und zeichnen mit den Urban Sketchers Thun. Am 8. Mai verbinden sich Jung und Alt bei Spiel und Kunst im Schadaupark – entspanntes Spielen ist eine Kunst und Kunst kann ohne Spielen und Freude nicht entstehen.
Als ich angefragt wurde, ob ich einen Artikel über den Event «Pétanque und Urban Sketching» – organisiert von «und» Generationentandem – schreiben würde, war ich im Zwiespalt zwischen Freude und Befürchtung. Meine erste Überlegung war: Wie kann eine Person, die nicht Pétanque spielt und vom Zeichnen … tja … ebenso wenig Ahnung hat, darüber schreiben? Die zweite Überlegung war genau das Gegenteil: Nämlich – warum gerade nicht über etwas schreiben, von dem ich wenig weiss, dafür aber versuchen, die Einmaligkeit des Anlasses, die Schönheit des Ortes und der entstehenden Werke sowie das ungezwungene Zusammensein der Menschen festzuhalten. Gedacht und jetzt getan.

Bevor ich über (m)eine Wahrnehmung und meine Eindrücke spreche, hier zwei kurze Informationen zu den beiden Spiel- oder Kunstformen, die ich aus dem Internet geholt habe.
Nachdem der vorherige Tag regnerisch und eher kühl war, zeigt sich dieser Sonntag im Mai sonnig, leicht wolkig, schön: nicht kalt, nicht heiss. Bei meiner Ankunft um halb zehn Uhr ist die Stimmung im Schadaupark ruhig, friedlich, der Park nicht leer, aber fast. Die Sonne scheint auf die grüne Wiese, auf die Blumen, die Kinderdampfbahn wird gerade für den Tag vorbereitet – ein fast paradiesischer Zustand. Der Pétanque-Platz wirkt verlassen, von ZeichnerInnen keine Spur.
Nach und nach kommt Bewegung ins Bild, der Pétanque-Platz belebt sich: Markus vom Pétanque-Club Thun bereitet das Spielfeld vor, ebnet mit einem grossen Rechen den Platz, geht ruhig von links nach rechts und zurück. Die Boules liegen nebeneinander gereiht am Spielfeldrand, die Kinderdampfbahn nimmt den Betrieb auf. Die SpielerInnen und die SketcherInnen kommen langsam daher, einzeln, zu zweit oder als Familie, plaudern miteinander, installieren sich an persönlich bevorzugten Plätzen. Die OrganisatorInnen richten den Tisch neben dem Spielfeld ein: Sizzenbücher, Zeichnungsmaterial und -literatur, Snacks und Getränke.

Punkt zehn Uhr eröffnet Erika Kestenholz (74), Co-Präsidentin von «und Generationentandem», den Anlass. Marianne Scheuter (67) und Walter Winkler (82) erläutern die «Spielregeln» für die angebotenen «Disziplinen». Die Qual der Wahl steht an – Pétanque oder Zeichnen? Es bilden sich vier Spiele-Teams, die den Profi-Anweisungen und Erklärungen aufmerksam zuhören und die für sie neue Spielkunst ausprobieren. Die SketcherInnen sitzen bald an ihrem gewählten Zeichnungsort um den Pétanque-Platz herum, ein wenig überall, aber genau dort, wo das Motiv für sie reizvoll ist.

Für mich beginnt jetzt der schwierigste Moment. Die ZeichnerInnen sitzen still, versunken in ihre Beobachtungen. Ich muss meine Hemmungen überwinden, von ZeichnerIn zu ZeichnerIn gehen, über ihre Schulter schauen, im Bewusstsein, dass ich vielleicht – nein, sehr wahrscheinlich – störe, wenn ich mich so nahe heranwage und beim Zeichnen zuschaue. Es hat mich dennoch sehr interessiert, zu wissen, wie und warum die Menschen zeichnen, was sie sehen und wie sie ihre individuellen, künstlerischen Beobachtungen zu Papier bringen.

Mit einigen Urban Sketchers darf ich mich ein wenig zu ihrem Tun austauschen. Zum Beispiel mit
«Urban Sketching ist immer auch die Kunst
Michel Johner, Urban Sketcher
des Weglassens.»

Auch mit den Pétanque-SpielerInnen kann ich mich erst gegen Ende des Anlasses unterhalten. Vorher gingen sie von Position zu Position, warfen ihre Kugeln, freuten sich laut, wenn eine Kugel die richtige Position traf. Zu konzentriert waren sie in ihr Spiel, als dass ich es gewagt hätte, ihre Begeisterung zu stören.

«Ob Pétanque oder Zeichnen, es macht mir Spass
Hanspeter, Urban Sketcher und Pétanque-Spieler
und ist sympathisch.
Wenn ich mich in der Gruppe wohlfühle, dann stimmt’s.»

Gegen viertel vor zwölf ist der Anlass fast vorbei. Auf dem Tisch stehen Snacks und Getränke bereit, die SketcherInnen legen, wie immer bei ihren Treffen, die Zeichnungen am Rand des Pétanque-Platzes aus. Eine kleine Ausstellung entsteht. Es ist der Moment, in dem alle ihre Werke zeigten, erklären – ein Dialog entsteht. Es heisst nicht «Das ist schön und das ist nicht schön», sondern «Warum hast du es so gezeichnet?» oder «Interessant, wie du es gesehen hast!».

Es ist sehr beeindruckend, festzustellen, wie wir den gleichen Ort, den gleichen Anlass aus verschiedenen Blickwinkeln (natürlich unabhängig von den unterschiedlichen Arbeitstechniken) wahrnehmen können.
Es lässt sich trefflich philosphieren zum Thema des Austausches und des Zusammenseins – frei, ohne Zwang, die schöne Natur nutzend.
Mir stellen sich zum Schluss nur noch zwei wichtige Fragen: «Habe ich den Mut, am Pétanque-Platz vorbeizugehen und zu probieren?» und «Habe ich den Mut, mich an den Wegrand zu setzen und auf meine Art, das zu zeichnen, was ich sehe und wahrnehme?» Probieren wir es doch aus. Was mich betrifft: Ich weiss es noch nicht. Und Sie?

Beide Gruppen, die Urban Sketchers Thun und der Pétanque-Club Thun, nehmen am Generationenfestival 2022 teil. Wer Lust zum Mitmachen bekommen hat, kann sie dort am Märit vom 17. September von 10 bis 18 Uhr kennenlernen.