
Die zu UND gehörende Arbeitsgruppe «wohnen UND leben» fokussiert sich auf das Thema Generationenwohnen. Regelmässig besucht sie Wohnprojekte.Denn altersdurchmischtes Wohnen hat einen grossen sozialen, ökologischen und ökonomischen Nutzen.
Samstag, 23.07.2022

Die Arbeitsgruppe «Wohnformen / Generationenwohnen» ist davon überzeugt, dass die Gesellschaft, die Politik und Investoren das Thema Wohnen neu denken müssen. Menschen, die sich für ein respektvolles Miteinander interessieren, sollen gemeinsam tragfähige Gemeinschaften bilden können. Damit wird der Vereinsamung alter und junger Menschen entgegengewirkt.
Uns ist klar, dass sich der Generationenaustausch nicht durch Organisatorisches erzwingen lässt. So schreiben Anja und Thomas: «Neue Wohnformen sind wichtig, aber die innere Haltung ist entscheidend für ein gelingendes Miteinander.» Doch wir glauben an die Wirkung von Pionierprojekten.
«Neue Wohnformen sind wichtig, aber die innere Haltung ist entscheidend für ein gelingendes Miteinander.»
Thomas und Anja
Von den zwei folgenden mit Leuchtturmcharakter waren wir alle tief beeindruckt:
Inge und Bruno Steiner-Molenaar besitzen ein grosses Grundstück am Sempachersee und planten darauf ein grosses Haus, 160 Meter lang und mit 46 Wohnungen, in dem Generationenwohnen und Inklusion gelebt werden. Die Altersstruktur bewegt sich vom Baby bis zur über 80-Jährigen. Von der Vision bis zur Fertigstellung dauerte es zwölf Jahre. Bezug war im Jahr 2016.
Alle Wohnungen sind rollstuhlgängig. Die Geschäftsstelle der Spitex ist im Haus. In Vierer-WGs wohnen hier auch Tetraplegiker, die von Nottwil kommen und sich auf ein möglichst selbständiges Leben vorbereiten.
«Die BewohnerInnen können mitentscheiden, aber dazu besteht keine Pflicht.»
Inge und Bruno Molenaar

Da ist kein Verein, keine Statuten. Bei Sitzungen haben alle, die da sind, eine Stimme. Auf das Protokoll kann noch kurze Zeit reagiert werden, dann muss man sich den Beschlüssen fügen. So können die BewohnerInnen mitentscheiden, aber es besteht dazu keine Pflicht. Die BesitzerInnen leiten das Ganze – und wenn es Wechsel gibt, wählen sie unter den BewerberInnen aus und können entscheiden, ob jemand zur bestehenden Gemeinschaft passt, und so auch über die altersgemischte Zusammensetzung wachen.
Alle Wohnungen haben einen privaten Balkon auf der Seeseite. Auf der hinteren Seite befindet sich auf der ganzen Länge des Gebäudes eine Begegnungszone mit Sofas, Tischchen und Stühlen. Es hat einen Aussenplatz mit Küche und Pizzaofen und neu soll noch ein Permakultur-Gemeinschaftsgarten entstehen.

In Zürich Leutschenbach besuchten wir eine Wohnüberbauung mit Vorbildsfunktion. Auf dem ehemaligen Areal der Firma Hunziker wurden mehr als 400 Wohnungen realisiert. Peter Schmid (Präsident der Baugenossenschaft «mehr als wohnen») und Oswald Ulrich (Vorstandsmitglied) stellten uns dieses Wohnprojekt an der Dialogstrasse vor und beantworteten unsere Fragen.
Peter Schmid erläuterte uns anhand eines Modells die «fette» Bauweise. Kompakte Bauten verhindern den Wärmeverlust über die Fassade. Das ist ökologisch und ökonomisch wichtig, bringt also grosse Einsparungen an Platz, Geld und Energie. Aus denselben Gründen wird auf grosse Einstellhallen und Parkplätze verzichtet, da die BewohnerInnen nur in Ausnahmefällen (Beruf, körperliche Einschränkungen) ein Auto besitzen dürfen.

Das soziale Miteinander zeigt sich bereits in der Anordnung der Häuser. Sie stehen gruppenweise in Beziehung zueinander.
Im Innern fällt auf, dass die Wohnungen einsehbar sind, vom Treppenhaus aus und natürlich auch von einer Wohnung zur anderen. Wir durften eine Clusterwohnung mit zehn BewohnerInnen besichtigen. Die gemeinsame Küche, die Ess-«Ecke» und der Aufenthaltsraum sind riesig.
Die privaten Räume sind von unterschiedlicher Grösse. Sie enthalten immerhin eine Teeküche und ein eigenes WC mit Dusche.
Auch alters- und behindertengerechte Wohnungen mit Betreuungsangeboten sind vorhanden. Und zwanzig Gästezimmer!
Die «iterativ-evolutionäre» Belebung fördert die Entwicklung der Gemeinschaft und der Umgebung, die nicht von Anfang an feststeht, sondern sich durch die Initiative der Beteiligten entfaltet.