Als Ernährungswissenschaftlerin beschäftige ich mich mit dem Einfluss von Essen und Trinken sowie dem Ernährungsverhalten auf unsere Gesundheit. Beides – Gesundheit und Ernährung – sind komplexe Angelegenheiten. Ich kann zwar feststellen, dass der Verzehr von zu viel Nahrung übergewichtig macht und damit die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass jemand an Herz-Kreislauf-Störungen und Diabetes erkrankt. Neben der Ernährung spielen aber noch viele weitere Dinge eine wichtige Rolle. Dinge, die den Einfluss der Ernährung schmälern können und den Unterschied zwischen uns Menschen ausmachen. Schliesslich reagiert keiner genau gleich wie der andere. Zu diesen Einflüssen gehören Vererbung, Lebens- und Arbeitsbedingungen, aber auch Seelisches, Spirituelles sowie die Fähigkeit mit dem Erlebten umzugehen. Schliesslich gehört auch Glück dazu.
Trends
Diät-Trends, mit denen überflüssige Kilos purzeln sollen, kommen jedes Frühjahr – abnehmen wird dabei eher das Portemonnaie – und zwar nachhaltig. Das Körpergewicht nimmt meistens wieder zu. Neue Erkenntnisse in der Ernährungs- und Gesundheitsforschung führen dazu, dass die Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung und einen gesundheitsfördernden Lebensstil ab und an angepasst werden (müssen). Daraus lässt sich ein Trend machen und Geld verdienen. Aber: Wesentliche Änderungen hat es in den letzten Jahren nicht gegeben – auch wenn dies im Wald der Medien manchmal so scheint. Entzündet haben sich Diskussionen an Details, zum Beispiel: Butter oder Margarine? Wie viele Eier pro Woche? Weniger Fett (low-fat) oder weniger Kohlenhydrate (low-carb)? Diese Fragen haben sich relativiert. Zentral ist und bleibt: Wer sich ausgewogen ernährt, genug isst und sich ausreichend bewegt, tut bereits viel Gutes für sich und die Gesundheit.
Manche Menschen «schwören» auf ihre Ernährungsweise und sehen in ihr die Lösung aller gesundheitlichen Probleme. Meistens zählen extreme Ernährungsweisen zu den Gesundheitsvorstellungen vieler Menschen – wie nur Früchte (Frutarier), Rohkost (Rohköstler), oder Pflanzliches (Veganer) zu essen. Eine solche einseitige Ernährung löst eventuell zunächst gesundheitliche Probleme oder befriedigt ein Gefühl. Aber auf die Dauer führen sie zu einem Mangel an Vitaminen, Mineralstoffen, Proteinen. Für Kinder, Schwangere, Stillende, Kranke und Betagte sind sie völlig ungeeignet. Extreme Ernährungsformen sind auch kaum sozial verträglich.
Da wir wählen, was wir essen und wie viel wir uns bewegen, ob und wie viel Alkohol, Drogen und Tabakrauch wir konsumieren, tragen wir Verantwortung für unsere Gesundheit. «Eigenverantwortung» lautet das geflügelte Wort in der Politik. Diese Eigenverantwortung hat zwei Seiten. Auf der einen steht unsere persönliche Wahl für ein Lebensmittel, für eine Zubereitungsart, für körperliche Aktivität und genügend Schlaf. Auf der anderen Seite stehen all die Voraussetzungen, die ein eigenverantwortliches Handeln erst ermöglichen – eine ausreichende Bildung, eine verständliche, nicht verwirrende Information auf der Verpackung von Lebensmitteln, gesundheitsfördernde Verpflegungsangebote in der Gemeinschaftsverpflegung und auch das Lebensmittelgesetz mit seinen Verordnungen zur Regelung der Produktion und zum Handel mit Lebensmitteln.
Praktische Tipps
Die Lebensmittelpyramide kann in wenigen Worten zusammengefasst werden: pflanzlichen Lebensmitteln den Vorzug geben, wenig tierische Lebensmittel essen, Wasser trinken, stark verarbeitete Lebensmittel meiden, genug essen. Neben dem genussvollen Essen gehört körperliche Aktivität ins Wochenprogramm – vor allem für diejenigen, die im Beruf viel sitzen. Empfohlen werden 1.5 Stunden intensive körperliche Aktivität pro Woche. Und in diesem Sinne – Ende des Schreibens und einkaufen gehen.