Dieser Tage verbindet man Nachspielzeit mit einer ganz anderen Disziplin als der Schauspielerei. Hier bedeutet es wohl auch eine Zusatzzeit, die dem alten Oberkellner noch zuteil wird, obwohl man sich fragt, ob das überhaupt von ihm erwünscht ist.
Wunderbar der Anfang mit dem Betreten des Spielortes direkt von draussen in das Foyer. Über die Bühne gehend, sucht man sich einen Platz aus auf einem der verschiedenen Stühle. Das riesige Schiebetor wird von zwei «Alten», Gäste des Kellners, mit Ach und Krach geschlossen.
Das Bühnenbild (Leo de Nijs) ist das Zuhause des Kellners, welches sowohl seine Wohnung als auch das Restaurant darstellt. Der alte Mann ringt mit seiner Einsamkeit. Er ist enttäuscht vom Lebensabend nach einem Leben im Dienst anderer, denen er die Wünsche von den Augen ablesen musste, aber seine Sehnsüchte nie erfüllen konnte. Er träumt sich in die Vergangenheit, «wo er als Kellner wie ein Balletttänzer zwischen den Korbstühlen schwebte. Mit Blasen an den Füssen.»
Einsamkeit ist schädlicher als 15 Zigaretten täglich
Die Geschichte ist wunderlich, die Figuren skurril. Der junge Kellner als Alter Ego, die junge Frau aus dem Kühlschrank, ist sie Erinnerung oder nur Fantasie? Das scheint alles unwichtig, denn das Stück lässt uns staunen, überrascht und macht traurig. Lustige Slapstickeinlagen, absurde Aussichten und absonderliche Einsichten wechseln sich ab. Hervorragend gespielt von den beiden Schauspielern und der Schauspielerin.
Wenn am Schluss der greise Kellner das Tor nach draussen wieder öffnet und man den Ort wieder über die Bühne verlässt, weiss man nicht recht, ob man ein lustiges Drama oder ein abgründiges Märchen gesehen hat.
Zum Stück
Autor und Regisseur: Jan Sobrie
SchauspielerIn: Urs Biehler (Oberkellner), Nicolas Batthyany, Larissa Keat
Gespielt wird bis am 30. Juni 2018.
Infos: www.schauspielhaus.ch/de/play/969-Nachspielzeit.